"Im psychischen Bereich haperts"

■ Die taz-Hamburg im Gespräch mit Neu-HSV-Coach Benno Möhlmann / Was passiert beim HSV?

INTERVIEW

»Im psychischen Bereich haperts« Die taz-Hamburg im Gespräch mit Neu-HSV-Coach Benno Möhlmann / Was passiert beim HSV?

Herr Möhlmann, wir würden Sie unseren LeserInnen gerne vorstellen, der Sportarchiv-Auszug reicht uns dafür nicht...

Oh, steht da was zu meiner Person? (Liest) Geburtsdatum 1954 Lohne, stimmt. Circa 230 Bundesligaspiele (circa ist o. K.). Während seiner fast zehnjährigen Karriere als Erstligaspieler kam er über den Status eines Durchschnittsspielers nie hinaus (das kann man so oder so sehen). Aufsehen (lacht) erregte er wegen seiner Aktivitäten für die Gründung der Interessengemeinschaft für Fußballprofis („Vereinigung der Vertragsfußballer“), die er im Juni 1987 ins Leben rief und als deren erster Präsident er gewählt wurde.

Haben Sie heute noch etwas mit der Spielervereinigung zu tun?

Ich bin noch Mitglied, aber ab Mai diesen Jahres aus Zeitmangel als Präsident zurückgetreten.

Wie viele Mitglieder hat die Vereinigung derzeit?

Etwa 700 Vertragsspieler. Die Sache ist gut und ich stehe auch heute noch dazu, aber ich habe einfach kaum mehr Zeit gehabt, mich darum zu kümmern.

Sie sind letzten Mittwoch vom Co- zum Cheftrainer beim HSV aufgestiegen, was wird sich dadurch für die Mannschaft ändern?

Ich muß mich jetzt vor jedem Spieler offenbaren, wie ich ihn einschätze, dadurch lernen sie mich jetzt besser kennen. Vorher kannten mich ja nur meine Familie und meine Amateurmannschaft wirklich gut. Ich glaube, daß ich nur da Erfolg habe, wo ich ein bißchen mehr von meinen Gedanken kundtue.

Aber ist es nicht so, daß man gerade als Co-Trainer der Mannschaft vertrauter ist?

Nicht unbedingt. Man assistiert eben nur und arbeitet nach den Vorstellungen eines anderen.

Sie haben jüngst verlauten lassen, daß ein Spieler wie Maradona gut für Hamburg wäre, wünschen Sie sich einen Star für den HSV?

So ein rennomierter Verein wie Hamburg braucht sicherlich wieder einen oder zwei Stars um das Publikum zu elektrisieren. So ein Mann wie Maradona wäre natürlich sehr schwierig einzubauen. Aber wenn hinten alles stimmen würde, wäre einer gut, der vorne zaubern kann, wie etwa Laudrup oder Doll.

Wo haperts derzeit am meisten beim HSV?

Ganz klar im psychischen Bereich, am Wissen daß man gut Fußball spielen kann. In der letzten Zeit hat keiner sein spielerisches Potential voll ausgenutzt. Der HSV ist in der Lage, einen mittleren Tabellenplatz zu erreichen.

Wenn wir Herrn Bruchhagen richtig verstanden haben, soll aus dem erreichten Mittelmaß ein fundamentiertes Mittelmaß werden.

Er hat es sicherlich nicht so gemeint. Wir sollen das Mittelmaß nicht festigen, sondern darauf aufbauen. Wir dürfen uns aber auch nichts vormachen, wir haben einfach schlecht gespielt und stehen momentan ganz unten.

Außer Fußball – was ist ihnen wichtig?

Zufriedenheit.

Keine Hobbys?

Dazu habe ich einfach keine Zeit. Meine Familie ist mir sehr wichtig, aber die ist kein Hobby. Bei diesen auszufüllenden Listen mache ich bei Hobbys immer einen Strich.

Haben Sie es jemals bereut, Ihr Betriebswirtschaftsstudium abgebrochen zu haben?

Ich habe es nie bereut, Fußballer geworden zu sein. Der Studienabbruch war eigene Dummheit. Als ich von Münster nach Bremen gewechselt bin, hat man mir gesagt, der Abschluß bringt an dieser linken Uni nichts. Ich hab dann versucht, das von Bremen aus in Münster zu machen, was natürlich nicht klappte.

Haben Sie jemals daran gedacht, ins Management zu gehen?

Ja. Mir macht aber die Arbeit mit der Mannschaft mehr Spaß, als der Umgang mit Medien und Sponsoren. Jetzt als Trainer merke ich jedoch, daß ich auch in diese Berei-

1che stark eingebunden bin.

Wie gefällt Ihnen das derzeitige HSV-Management?

Heribert Bruchhagen, Jürgen Hunke und ich versuchen gemeinsam ein neues Konzept zu entwickeln.

Als Fußballfan in Hamburg – wür-

1den Sie eher zu St. Pauli oder zum HSV gehen?

Ich würde dahin gehen, wo der bessere Fußball gespielt wird. Und dieser ist ja momentan bei beiden nicht zu sehen.

Interview: Claudia Thomsen

und Kai Rehländer