Altschulden und Neubauten

■ Grünes Hearing zur Wohnungspolitik/ Zinsen als Problem

Berlin. Umdenken tut not. Unter diesem Motto veranstaltete die Bundestagsgruppe Bündnis 90/ Grüne im Berliner Reichstag ein Hearing zur Wohnungspolitik. Von Aufbruchsstimmung und neuen Ideen war allerdings wenig zu spüren. Fritz Schmoll, ehemaliger West-Linker und nunmehr technischer Geschäftsführer der Potsdamer Gemeinnützigen Wohn- und Baugesellschaft, kündigte sogar privat finanzierte Modernisierungen durch die Wohnungsbaugesellschaft an. »Wenn die Leute ein Bad mit West-Standard bekommen, sind sie auch gerne bereit, zehn oder elf Mark den Quadratmeter zu zahlen.«

Hauptproblem der Wohnungsbaugesellschaften, die nach der Mieterhöhung im Januar 1993 erstmals kostendeckend arbeiten könnten, seien nach wie vor die Altschulden. »Wenn bis Ablauf des Zinsmoratoriums 1994 keine Lösung gefunden wird, müssen wir allein hier 1,75 Mark pro Quadratmeter Wohnfläche zahlen. Das kann ein Unternehmen in den Konkurs treiben.« Die »restitutionsbefangenen« Wohnungen sollen, so Schmoll weiter, nach dem zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz, das im Januar 1993 in Kraft tritt und die Dead-line für ausstehende Rechtsansprüche bedeutet, nicht mehr von der Gemeinnützigen Wohn- und Baugesellschaft, sondern einem Tochterunternehmen verwaltet werden.

Was dem einen zur Kostendeckung dient, reißt bei andern erhebliche Lücken ins Portemonnaie. »Im Januar werden die MieterInnen im Ostteil Berlins 20 Prozent ihres ohnehin geringen Einkommens für die Miete aufbringen müssen«, meinte Reiner Wild vom Berliner Mieterverein. Um eine soziale Wohnungspolitik auch weiterhin zu gewährleisten, sollten die Altschulden nicht, wie von den Wohnungsunternehmen vielfach gefordert, gestrichen werden, sondern in öffentliche Kredite ähnlich wie für den sozialen Wohnungsbau umgewandelt werden. »Dann haben die Kommunen langfristig Belegungsrechte«, so Wild.

Thema war auch der soziale Wohnungsbau. »Obwohl das Bezirksamt Flächen für 3.500 Wohnungen nachgewiesen hat«, ärgerte sich Dorothee Dubrau, Baustadträtin in Mitte, »hat der Senat noch keine einzige Wohnung bewilligt. Wohnungsbau ist offenbar Aufgabe privater Investoren geworden.« Auch die von Bausenator Nagel gern zitierte Stadterneuerung sei in Mitte noch keinen Schritt weitergekommen. »Nach zweieinhalb Jahren Untersuchung ist in Mitte immer noch kein Sanierungsgebiet festgelegt worden«, sagte Dorothee Dubrau. »Wenn es dagegen um Regierungsnutzung geht, wird von heute auf morgen gehandelt.« Uwe Rada