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Mit Reisigbesen gegen Roma

■ Einzelhändler in einer Kleinstadt bei Hamburg wollen Roma aus ihren Läden vertreiben

Berlin (taz) — In Jork steht nicht die Welt, dafür aber der Besen kopf. Die Einzelhändler haben Reisigbesen an die Türen ihrer Läden gestellt, um damit Roma abzuschrecken. „Seit vier Wochen bedienen wir uns dieses Mittels, um die Roma davon abzuhalten, unsere Läden zu betreten“, sagt Gerd Hubert, Drogerist in Jork. „Die 4 Mark 50 habe ich investiert, das hat sich gelohnt.“

Jork ist eine 10.600-Seelen-Gemeinde im Alten Land bei Hamburg. Hier leben zwischen zehn und 15 Roma, die in den letzten Wochen Opfer einer ganz besonderen Kampagne geworden sind. Die übergroße Mehrzahl der Einzelhändler im Ort haben sogenannte „Zigeunerbesen“ aufgestellt: Sie meinen, damit auf einen Glauben der Roma zu reagieren, wonach Häuser mit einem Reisigbesen böse Geister beherbergen. Darüber kann die Sprecherin der Roma- und Sinti-Union in Hamburg nur lachen. Ein Besen vor einer Tür würde Roma nicht am Betreten eines Hauses hindern.

Malte Kaufmann von der Jorker SPD hält den Besen-Glauben für ein Relikt der Blut- und Boden- Ideologie der Nationalsozialisten. Damals hätte man im Alten Land in die Giebel der Fachwerkhäuser Reisigbesen eingemauert, um Haus und Hof vor Donner, Blitz und bösen Geistern zu schützen.

Dietmar Elsholz, Bürgermeister von Jork und Mitglied des Bürgervereins, einer Wählervereinigung, sagt: „Diese Sache hat nichts mit Ausländerfeindlichkeit zu tun. Wir haben seit 18 Jahren Ausländer hier. Nie hat es Probleme gegeben.“ Man wehre sich nur gegen die Diebstähle, die in letzter Zeit massiv zugemommen hätten. Gruppen von Roma würden die Läden betreten, den Inhaber in ein Gespräch verwickeln und währenddessen die Regale ausräumen. Gerd Hubert redet genauso. Viermal seien Roma in seiner Drogerie gewesen, behauptet er, zweimal sei ihm etwas gestohlen worden. Eine Anzeige hat er nicht gestellt. Seitdem er den Besen aufgestellt habe, hätten sie sein Geschäft nicht mehr betreten. „Das ist reiner Selbstschutz. Wir sind nicht die Täter, wir sind die Opfer.“

Der Drogerist hält sich nicht für ausländerfeindlich, im Gegenteil. Mit den Türken und Polen habe er keine Probleme. „Die dürfen bei mir anschreiben, wenn sie mal kein Geld dabei haben.“ Er hält die Besen-Methode für einen sanften Weg. Andernfalls würde sich Unmut aufstauen — „und nachher fliegen Steine“.

Der Sozialdemokrat Malte Kaufmann hat eine Anfrage im Jugend- und Sozialausschuß eingebracht. Er will damit erreichen, daß die Besen wieder verschwinden. „Die Besen grenzen die Roma aus, sie sind eine eindeutige Diskriminierung.“ Am liebsten wäre ihm ein „runder Tisch“ mit Mitgliedern aller Parteien, der Kirche und vor allem den Einzelhändlern, um über die Ausländerfeindlichkeit zu diskutieren. „Wir sollten hier mal versuchen, was denen in Bonn nicht gelingt“, bestärkt ihn sein Parteifreund Hans-Jürgen Briese.

Die Polizei von Jork hat nach eigenen Aussagen keine Schwierigkeiten mit den Roma: „Wir haben nicht mehr oder weniger Probleme als andere auch.“ An den Besen könnten „die Zigeuner“ erkennen, „wo sie willkommen sind“.

Auf die Frage, ob die Anzeigen wegen Diebstahls zurückgegangen seien, seit die Jorker die Besen aufgestellt haben, reagiert die Polizei genervt. „Nicht schon wieder.“ Es hätte bisher sowieso nur 15 bis 18 Anzeigen gegeben. Die Aktion der Einzelhändler stößt bei der Polizei auf Wohlwollen: „Die Kaufleute sind einfach nur clever, die wollen ihr Eigentum schützen.“ Julia Albrecht

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