In Angola wächst die Spannung

Bei den ersten Wahlen fand die seit Jahren regierende MPLA unerwartet starken Zuspruch/ Die Unita bereitet sich auf ihre Niederlage an der Urne vor/ Angst vor neuen Kämpfen  ■ Aus Luanda Bettina Gaus

„Diese Wahlen geben der ganzen Welt ein Beispiel“, staunte in Angolas Hauptstadt Luanda ein portugiesischer Wahlbeobachter. Zum ersten Mal in der Geschichte des afrikanischen Landes hatte die Bevölkerung am Dienstag und Mittwoch Gelegenheit, selbst über ihre politische Zukunft zu entscheiden.

Und die Angolaner taten alles, um diese Chance nicht zu gefährden. Keine Wahl-T-Shirts oder Aufkleber der verschiedenen Kandidaten waren in den langen Schlangen zu sehen, die sich vor den Wahllokalen versammelt hatten. Keine politischen Diskussionen wurden dort geführt.

Einen ruhigen, ordnungsgemäßen Verlauf des Urnenganges meldeten die etwa 800 internationalen Beobachter aus allen 18 Provinzen des Landes. Zu dem einzigen schweren Zwischenfall kam es in Luanda: Am Mittwoch haben dort Leibwächter von Unita-Präsident Jonas Savimbi einen Polizisten in der Nähe seines Wohnhauses erschossen.

Ausländische Beobachter attestieren korrekte Wahlen

Diese Gewalttat vergrößert die Angst, daß die im Bürgerkrieg von den USA und Südafrika unterstützte ehemalige Guerillabewegung Unita sich weigern könnte, eine Niederlage zu akzeptieren. Zwar hatte Jonas Savimbi vor den Wahlen seine Bereitschaft zur Kooperation in jedem Falle bekundet, bei der Abgabe seiner eigenen Stimme unter dem Jubel seiner Anhänger aber auch erklärt: „Ich habe überall Schlachten gefochten, und dies ist eine weitere Schlacht.“ Und er hatte hinzugefügt: „Ich bin überzeugt, daß ich gewinnen werde.“

Nach einem Sieg Savimbis sieht es jedoch gegenwärtig nicht aus: Zwar stand das amtliche Endergebnis der Wahlen bei Redaktionsschluß noch nicht fest, erste Trendmeldungen zeigten jedoch den angolanischen Präsidenten Eduardo dos Santos und seine einstmals marxistische, inzwischen sozialdemokratisch gewandelte MPLA in weiter Führung vor der Unita und Jonas Savimbi. Die übrigen der insgesamt 18 Parteien konnten nur wenige Prozent der Stimmen auf sich vereinigen — eine dritte Kraft hat sich in Angola nicht etabliert.

Die Unita hatte bereits in der Nacht zum Donnerstag, wenige Stunden nach Schließung der Wahllokale, eine Argumentation für eine mögliche Niederlage vorbereitet: Einer ihrer Sprecher warf der Regierung auf einer Pressekonferenz „systematische Intervention“ während des Urnenganges vor — eine Anschuldigung, der von internationalen Beobachtern wiedersprochen wird.

Hier könnte sich ein Konflikt für die unmittelbare Zukunft anbahnen. Informationsminister Rui De Zarvalho hatte noch während der Wahlen im Gespräch mit der taz beschrieben, was seiner Ansicht nach die vordringlichste Aufgabe in Angola ist. Ein Wandel der Mentalität sei dringend erforderlich, sagte er. Es müsse akzeptiert werden, daß das Ergebnis der Wahlen den Willen des Volkes repräsentiert.

Das Volk jedenfalls scheint unabhängig von parteipolitischen Präferenzen vor allem eines zu wollen: Frieden nach mehr als 16 Jahren Bürgerkrieg, der UNO- Angaben zufolge mehr als eine halbe Million Todesopfer gefordert und das an Diamanten und Erdöl reiche Land wirtschaftlich ruiniert hat.

In den Wahllokalen haben Beobachter der konkurrierenden Parteien den korrekten Verlauf der Stimmabgabe überwacht. In Viana, einem Industrievorort von Luanda, stehen drei Männer und eine Frau zusammen, nachdem alles gelaufen ist. Sie gehörten der MPLA, der Unita und der FNLA von Holden Roberto, der drittstärksten Partei, an. Man habe sich vor den Wahlen nicht gekannt, erzählen sie, aber gut zusammen gearbeitet und sich zwischendurch auch ganz einfach nur mal so miteinander unterhalten. Nicht über Politik allerdings.