Schnarri, der neue Star bei den Liberalen
■ Die Justizministerin profiliert sich als Retterin der politischen Moral in der FDP
Bremen (taz) — Klaus Kinkel bleibt der Favorit, wenn in einem Jahr Otto Graf Lambsdorff als FDP-Chef abtritt. Daran lassen die Delegierten am Rande des FDP- Parteitags keinen Zweifel. Doch der wahre Liebling des Parteitages, auch daran gibt es keinen Zweifel, heißt „Schnarri“. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die Justizministerin, erhält soviel Beifall, wie keiner ihrer Kabinettskollegen. Von ihrer Partei verlangt sie „Stehvermögen“ gegen den Abbau von Freiheitsrechten. „Mit den liberalen, aufgeklärten Teilen unseres Volkes“ wünscht sie sich ein „enges Bündnis“. „Niemand wird es uns lohnen“, ruft sie den Delegierten zu, „wenn wir uns, um auf jeden Fall dabei zu sein, in penetranter Folge, Schritt für Schritt in die Enge treiben lassen.“
„Diese Rede war einer liberalen Justizministerin würdig“, freut sich Burkhard Hirsch — immerhin der Mann, der selbst Justizminister werden wollte, es aber nicht durfte, weil er der Parteiführung als zu störrisch galt. Pech für die Parteiführung, daß sich Leutheusser- Schnarrenberger als nur wenig konzilianter erweist. In Bremen setzt sie sich persönlich dafür ein, daß der Asylantrag des Bundesvorstandes noch einmal zurückgeschraubt wird. Anders als dort formuliert, könne die Partei sehr wohl am individuellen Grundrecht auf Asyl festhalten, versichert sie im Arbeitskreis. „Handlungsmöglichkeiten“, um die Verfahren zu beschleunigen und die Verfahren anderer EG-Staaten anzuerkennen, gebe es trotzdem.
„Dem Mißbrauch von Rechten wollen wir begegnen“, erklärt sie am nächsten Tag im Plenum, „aber wir entziehen diese Rechte nicht vielen, weil sie wenige mißbrauchen“. Der CSU gilt die Ministerin schon als „Sicherheitsrisiko“. Die Parteifreunde in ihrer Heimatstadt München dagegen sind richtig stolz auf sie. Einer von ihnen allerdings hält dennoch an alten Größen fest und fürchtet nur eins: „Was ist, wenn der Hirsch nicht mehr da ist und die Vorlagen liefert?“ hmt
