Starke Währung teuer erkauft

■ Irland: Sterling-Krise kostet 10.000 Arbeitsplätze

Dublin (taz) — Wenn Großbritannien niest, holt sich Irland eine Erkältung. Noch immer ist Großbritannien der wichtigste irische Handelspartner: Ein Drittel aller irischen Exporte gehen auf die Nachbarinsel. Praktisch über Nacht sind die Einnahmen aus den Exporten an Britannien durch die Sterling-Abwertung um 15 Prozent gesunken. Und läßt man die in Irland angesiedelten ausländischen Zweigunternehmen in der Statistik unberücksichtigt, sind es sogar 45 Prozent der einheimischen Wirtschaft, die für Großbritannien produzieren; bei kleinen Firmen mit bis zu 20 Angestellten sogar mehr als die Hälfte.

Darüber hinaus ist der Umsatz auf dem heimischen Markt gefährdet. Viele britische Produkte sind seit der vergangenen Woche deutlich billiger, die irischen Produkte bleiben im Regal stehen.

Das Geld, das die KonsumentInnen dadurch sparen, wird ihnen freilich gleich wieder aus der Tasche gezogen: Um das unter Druck geratene irische Punt in der festgelegten Bandbreite des Europäischen Wechselkursmechanismus zu halten, erhöhte die Regierung vor acht Tagen die Zinsrate um drei auf 13 Prozent. Weitere Erhöhungen wurden bereits angedroht. Für die meisten Hauseigentümer — Hausbesitz ist in Irland weit verbreiteter als in Deutschland — ist das eine Katastrophe: Die Mehrbelastung von durchschnittlich 150 Mark im Monat bringt das mühsam konstruierte Budgetgebäude vieler Familien unweigerlich zum Einsturz. Banken und Bausparkassen forderten notleidende Hauseigentümer bereits in Großanzeigen auf, sich beraten zu lassen.

Die Bauindustrie rechnet mittelfristig mit einem Einbruch und hat vorsorglich bereits Kündigungen ausgesprochen. Aber auch in anderen Branchen werden Arbeitsplätze verloren gehen. Es sind gerade die für die irische Wirtschaft wichtigsten Firmen, die jetzt am stärksten gefährdet sind — die exportorientierten Unternehmen, die auf einheimische Rohstoffe angewiesen sind und deshalb ihre Umsatzverluste nicht durch verbilligten Einkauf in Großbritannien ausgleichen können. Experten gehen davon aus, daß Irland die Sterling-Krise mit dem Verlust von 10.000 Jobs bezahlen muß — bei einer Arbeitslosenzahl, die mit 300.000 ohnehin Rekordhöhe erreicht hat. Die Opposition forderte deshalb die Regierung auf, die Industrie umgehend von Sozialabgaben zu befreien.

Die Wirtschaftspolitik der Regierung beschränkt sich jedoch auf die Stützung des irischen Punt, um bei einer zweigleisigen Entwicklung der Währungsunion im Konzert der Großen mitspielen zu dürfen. Eine Senkung der Zinsrate kommt daher erst dann in Frage, wenn die Bundesbank die Leitzinsen senkt. Ob die irische Wirtschaft so lange durchhält, ist allerdings fraglich. Ralf Sotscheck