Wohnungshaie beißen zu

Mieterverein startet bundesweite  ■ Initiative gegen Umwandlungen

Die Umwandlungswelle rollt. „Wir müssen unsere Prognosen nach oben korrigieren“, klagt Achim Woens von „Mieter helfen Mietern“. Als der Bundesgerichtshof Ende Juni die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erleichterte, sah der Mieterverein jährlich 10000 Anträge auf Hamburg zukommen. „Der Ansturm der Spekulanten ist so groß, daß wir jetzt mit 15000 Umwandlungen rechnen“, sagt Woens heute.

Jeden Tag werden „Mieter helfen Mietern“ neue Fälle bekannt: In der Eimsbüttler Nagelsallee 2 schickt der Scientologe und Umwandlungsspezialist Götz Brase zur Zeit eine Mitarbeiterin durch die 14 Wohnungen, um den MieterIn-

1nen mit Abfindungen bis zu 40000 Mark den Auszug schmackhaft zu machen. Die BewohnerInnen aber beschlossen auf einer Mieterversammlung am vergangenen Freitag: Wir bleiben hier.

In Finkenwerder betreibt der FDP-Politiker und Immobilienhändler Kai Wünsche die Umwandlung von 104 Wohnungen, die zum Großteil von älteren, sozial schwachen Menschen bewohnt werden. In St.Pauli gelang es einem Umwandler schon 1989, alle Wohnungen des erst ein Jahr zuvor erworbenen Hauses Am Brunnenhof 2 mit einem Gewinn von einer Million Mark weiterzuveräußern. Bis heute wurden dreiviertel der Mieter, von denen viele über 30 Jahre

1hier lebten, mit Prozeßandrohungen zum Auszug „überredet“.

Um die Umwandlungswelle zu stoppen, fordert „Mieter helfen Mietern“ die Bundesregierung auf, per Gesetz die Erteilung der für die Umwandlung notwendigen Abgeschlossenheitserklärungen zu erschweren. Auch müßten Steuervorteile für Wohnungskäufer ersatzlos gestrichen und der Kündigungsschutz für betroffene Mieter von fünf auf zehn Jahre erhöht werden.

Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, hat die Hamburger Mieterorganisation eine bundesweite Initiative gegründet, der sich sich 38 lokale Mietervereine und auch der Deutsche Mieterbund angeschlossen haben. Am morgigen Donnerstag fahren Mietervertreter aus allen Teilen der Republik nach Bonn, um mit den zuständigen Politikern über Möglichkeiten zu diskutieren, dem Spekulantentum Einhalt zu gebieten.

Doch nicht nur Bonn, auch Hamburg könnte nach Auffassung der Mietervertreter die Umwandlungslawine bremsen: Umwandlungsbedrohte Mieter müßten von den Behörden frühzeitiger informiert, für besonders von der Umwandlung betroffene Stadtteile eine „soziale Erhaltenssatzung“ aufgestellt werden. Jede Baumaßnahme müßte dann gesondert genehmigt werden, die Stadt hätte ein Vorkaufsrecht für umwandlungsbedrohte Häuser. Marco Carini