Weniger Arbeitslose in Ost und West

■ Zahl der Langzeitarbeitslosen und Kurzarbeiter nahm zu

Nürnberg (taz) — Im September ist die Arbeitslosigkeit in den alten und neuen Bundesländern zurückgegangen. 1,783 Millionen Arbeitslose im Westen und 1,11Millionen im Osten bedeuten einen Rückgang gegenüber dem Vormonat von 38.000 in den alten Ländern beziehungsweise 58.000 in den neuen Ländern. Trotzdem hält Heinrich Franke, Präsident der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit, nichts davon, von einer „konjunkturellen Besserung im Westen“ oder gar von einer „Wende im Osten“ zu sprechen.

Im Gegenteil. Die „konjunkturelle Flaute“ in den alten Bundesländern schlägt sich auf dem Arbeitsmarkt nieder. Während die Arbeitslosenquote von 6,0 Prozent im August auf 5,8 Prozent im September gesunken ist, stieg die Zahl der Kurzarbeiter gegenüber dem Vormonat spürbar um 76.500 auf derzeit 204.500 an. Eine Verringerung der den Arbeitsämtern gemeldeten Stellenangebote sowie der erfolgreichen Arbeitsvermittlungen deutet ebenfalls auf eine „rückläufige Kräftenachfrage“ im Westen hin. Auch die sonst übliche Herbstbelebung des Arbeitsmarktes blieb bisher fast völlig aus.

Auch im Osten kann BA-Präsident Franke die „heißersehnte Wende am Arbeitsmarkt“ nicht erblicken. Die Zahl der Arbeitslosen sei zwar spürbar zurückgegangen, doch mangels aktueller Erwerbstätigenstatistik lasse sich nicht abschätzen, ob positive Effekte über die Saisoneinflüsse hinaus erzielt worden seien. Ein Indiz dafür, daß der Abbau von Arbeitsplätzen nach wie vor anhält, ist der relative hohe Zugang in die Arbeitslosigkeit. Im September ließen sich 96.400 bislang Erwerbstätige bei den Arbeitsämtern als arbeitslos registrieren.

Ohne den Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumente wie Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Kurzarbeit, Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen sowie Vorruhestandsregelung wären derzeit in den neuen Ländern keine 1,1 Millionen Menschen arbeitslos, sondern 2,9 Millionen. Dazu kommen noch die etwa 450.000 Pendler, die in den neuen Ländern wohnen und in den alten arbeiten, sowie die Menschen, die ganz in den Westen übergesiedelt sind.

Auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen wächst stetig. Die Zahl derjenigen, die ein Jahr oder länger arbeitslos sind, ist von 200.000 im November letzten Jahres auf 300.000 im Mai gestiegen. Bernd Siegler