Flammender Auftakt für 500-Jahr-Feiern

■ Das umstrittene Kolumbus-Monument in der Hauptstadt der Dominikanischen Republik wurde inmitten von Streiks und Bombenanschlägen und ohne die erhofften hohen Gäste aus aller Welt eröffnet

Santo Domingo (AFP/wps/taz) — In der Dominikanischen Republik haben am Dienstag die Feierlichkeiten zum 500. Jahrestag der offiziellen sogenannten Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus begonnen. In der Nähe der kürzlich restaurierten Kathedrale in der Altstadt von Santo Domingo explodierte eine Bombe. Ein weiterer Sprengkörper detonierte nahe dem Sheraton-Hotel im Süden der Hauptstadt. Menschen kamen nicht zu Schaden. Der gesamte Südwesten des karibischen Inselstaats und Teile des Nordens wurden durch Streiks lahmgelegt. Rund um die 120 Kilometer von Santo Domingo gelegene Stadt Azoa wurden Straßensperren errichtet. Azoa war im September Schauplatz gewalttätiger Kundgebungen aus Protest gegen den Tod von zwei Demonstranten gewesen, die von der Polizei erschossen worden waren.

Der flammende Auftakt kommt nicht überraschend. Stein des Anstoßes für viele ist das ebenfalls am Dienstag eingeweihte Kolumbus- Monument, das Staatspräsident Joaquin Balaguer für 70 Millionen Dollar errichten ließ — ein riesiger Leuchtturm in Form eines Kreuzes mit einem Mausoleum für die sterblichen Überreste von Kolumbus. Für den 10.000 Quadratmeter umfassenden Bau in der Hauptstadt Santo Domingo mußten mehrere tausend Bewohner von Elendsvierteln umgesiedelt werden. Um den Platz vor dem Turm wurde eine mehr als zwei Meter hohe Mauer errichtet, mit der die angrenzenden Elendsquartiere dem Blick der Touristen entzogen werden sollen.

Die Einweihung des Leuchtturms wurde ein Flop. Keiner der eingeladenen Staatsgäste — die Staatschefs ganz Amerikas und Spaniens sowie der Papst — war da. Papst Johannes Paul II trifft erst am Freitag zu einem viertägigen Besuch ein. Und als einziger Staatsgast kommt nächste Woche Argentiniens Carlos Menem — für einen Tag.

Sogar der 1907 geborene Staatspräsident Joaquin Balaguer blieb den Feierlichkeiten fern — wie es hieß, aus Trauer um seine am Sonntag verstorbene Schwester Emma, für die während der Zeremonie eine Trauerminute eingelegt wurde. Emma, die 73jährige Präsidentenschwester, war an einer plötzlichen Herzattacke gestorben, nachdem sie das Monument besichtigt hatte.

Zur Einweihung wurde ein Bleibehälter, der angeblich Kolumbus' Überreste enthält, von einer militärischen Ehrengarde in das Mausoleum unter dem Leuchtturm getragen. Zuvor hatten die Knochen 451 Jahre lang in der Kathedrale von Santo Domingo gelegen — so die Legende. Ihre Authentizität ist zweifelhaft: Zwar soll Kolumbus im Jahre 1541 auf eigenen Wunsch in der Kathedrale beigesetzt worden sein, aber seine Gebeine wurden erst im Jahre 1877 bei Umbauarbeiten „gefunden“.

Die unter magerer Teilnahme durchgeführte Umbettung ist auch schon der Höhepunkt der 500- Jahr-Feiern gewesen. Die ursprünglich für den 12. Oktober vorgesehene Lichtershow mit Feuerwerken und Laserprojektionen am Leuchtturm wurde abgesagt. Der erwartende Touristenstrom ist ausgeblieben, in Santo Domingos Luxushotels sind die meisten Zimmer frei. An mangelnder Vorbereitung kann das Debakel nicht liegen: Schon im Jahre 1937 hatte die Regierung der Dominikanischen Republik Emissäre per Flugzeug auf den gesamten amerikanischen Kontinent gesandt, um für ein Kolumbus-Monument zu sammeln. Drei der vier Flugzeuge stürzten jedoch ab.

Trotzdem verlaufen die 500- Jahr-Feiern weniger dramatisch als das letzte derartige Spektakel. Im Jahre 1946 wurde zum Anlaß des 450. Jahrestags der Gründung von Santo Domingo der Bleisarg von Kolumbus zum ersten Mal geöffnet. Daraufhin erschütterte ein Erdbeben die Insel, und mehrere Ortschaften wurden dem Erdboden gleichgemacht.