Bei 180 flogen die Fetzen

■ Runderneuerte Reifen sind zwar gut für die Umwelt, aber ihre Qualität läßt oft zu wünschen übrig / ÖKO-TEST-Empfehlung: Nicht rasen, dann ist alles okay

Bei 180 flogen die Fetzen Runderneuerte Reifen sind zwar gut für die Umwelt, aber ihre Qualität läßt oft zu wünschen übrig / ÖKO-TEST-Empfehlung: Nicht rasen, dann ist alles okay

Kein berauschendes Ergebnis: Bei einer im Auftrag des ÖKO-TEST-Magazins vom TÜV durchgeführten Untersuchung von runderneuerten Sommerreifen machten vier schlapp — mehr als zehn Prozent. Die Schlußfolgerung des Umweltmagazins: Offensichtlich könnten die Runderneuerer hochwertige Recycling-Reifen produzieren — wenn sie nur wollen. Denn: Außer den Sommerreifen ließ ÖKOTEST auch Winterreifen prüfen. Sie bestanden alle den Härtetest beim TÜV.

Bei diesen Ergebnissen ist es kein Wunder, wenn die Verbraucher lieber zu neuen Pneus greifen — oft sind das Billigangebote aus Fernost. Obwohl die Wühltisch- Marken in Tests nicht besser abschneiden als recycelte Reifen, verdrängen sie die Runderneuerten vom Markt.

Dabei sind runderneuerte Reifen nicht nur etwa ein Drittel billiger, sondern auch ökologisch sinnvoller als Neureifen. Für die Produktion eines neuen Pneus werden 35 Liter Rohöl gebraucht, für die eines runderneuerten nur 5,5 Liter.

Viele PKW-Fahrer meiden die Öko-Schlappen, weil die meisten nur für geringere Geschwindigkeiten zugelassen sind und der Raserei damit Grenzen setzen. Die Angst, daß einem das Gummi auf der Autobahn um die Ohren fliegt, ist groß. Eine Statistik des Kraftfahrzeugüberwachungsvereins DEKRA zeigt jedoch, daß die meisten Reifen platzen, wenn das Fahrzeug überladen wird oder die Reifen nicht genügend Luft haben. Die Gefahr steigt außerdem bei hohem Tempo.

Bislang sind nur wenige dazu bereit, aus ökologischen Gründen vom Gaspedal runterzugehen und

1auf die recycelten Reifen umzusteigen. Nur die großen Runderneuerer konnten ihre Umsätze halten oder sogar steigern. Insgesamt ging von 1983 bis zum Jahr 1987 der Verkauf um mehr als 30 Prozent zurück. Heute werden von 545000 Tonnen Altreifen nur noch 18 Prozent runderneuert.

Der Rest von 82 Prozent landet auf Deponien, wird in Drittweltländer exportiert, in Zementwerken verbrannt oder zu Gummimehl kleingeschreddert. Die Produkte aus diesem Granulat verwittern jedoch schnell. Die Runderneuerung ist und bleibt damit die beste Alternative.

Um ihr schlechtes Image aufzupolieren und damit den Verkauf der Recyclingpneus anzukurbeln, haben

1sich Vergölst, Reiff, Ihle und Schwarz Ende des vergangenen Jahres zum Verband der Arbeitsgemeinschaft industrieller Runderneuerer (AIR) zusammengeschlossen und sich eine bessere Qualitätssicherung auferlegt. Die wird durch den TÜV Bayern / Sachsen überprüft. Etwa 0,05 Prozent der Produktion kommen beim Technischen Überwachungsverein auf den Prüfstand.

Der Test zeigt, daß die Kontrollen immer noch nicht ausreichen, um alle Fehler zu entdecken. Die Reifen sind zwar nach Meinung von Gert Walter vom TÜV Bayern / Sachsen „bedeutend besser als noch vor einigen Jahren“, doch so sicher wie Neureifen sind sie immer noch nicht.

1Statt der vorwiegend „visuellen“ Kontrollen der Altreifen schlägt das ÖKO-TEST-Magazin Methoden vor, mit denen die Reifen genau durchleuchtet werden können. Doch bislang sind den Runderneuerern diese Prüfungen zu teuer.

Das ÖKO-TEST-Magazin rät trotz der wenig überzeugenden Testergebnisse zum Kauf von Runderneuerten. Allerdings sollten die Autofahrer mit ihnen nicht schneller als 120 fahren. Sonst seien die Recyclingprodukte zu unsicher — und der höhere Schadstoffausstoß mache zudem jeden Umweltvorteil zunichte. Das Magazin empfiehlt dabei Reifen, die das Siegel „TÜV qualitätskontrolliert“ tragen. Sie bieten die bessere Gewähr für gute Qualität. Dorothee Meyer-Kahrweg