Die hätten sich fast geweigert

■ Am Sonntag wird die 2. Sinfonie des jungen Bremer Komponisten Oliver Trötschel in der Glocke uraufgeführt

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Oliver TrötschelFoto: JO

Der Bremer Oliver Trötschel, Jahrgang 1961, hat im Auftrag von Radio Bremen gerade seine 2. Sinfonie (op.21) komponiert. Am Sonntag in der „Glocke“ wird sie welturaufgeführt. Klaus Bernbacher, Musikchef vom Heimatsender, wird das Werk des Neulings dirigieren. Es spielt die Nordwestdeutsche Philharmonie.

Sie haben schon mit 14 Jahren komponiert. Sind Sie ein Wunderkind?

Oliver Trötschel: Ach nein, ein Wunderkind bin ich ganz gewiß nicht. Es ist normal, daß man, wenn überhaupt, in diesem Alter mit dem Komponieren beginnt.

Wie kamen Sie zu Radio Bremen?

Ich kenne Bernbacher schon sehr lange. Vor zwei Jahren hat er in München meine erste Sinfonie gehört. Das war der eigentliche Anlaß für den Kompositionsauftrag. Und auch, daß ich gebürtiger Bremer bin.

Drei Jahre haben Sie an Ihrer 2. Sinfonie gearbeitet. Ist das nicht sehr lange für einen so jungen Komponisten?

Ich habe zwischendurch auch andere Dinge gemacht. Man kann ja nicht vom Komponieren allein leben. Außerdem ist die Sinfonie sehr lang, sie hat vier Sätze. Ein bißchen hat sich unterdessen der Stil schon verändert. Die letzten Sätze sind sparsamer geworden im Umgang mit den musikalischen Mitteln.

Sie wollen, daß Ihre Musik ohne Erklärung verstanden werden kann. Was heißt für Sie „Musik verstehen?“

In den 60er Jahren war es in der Musikszene, Donau-Eschingen, Darmstadt, üblich, daß die Komponisten zu ihren Werken lange Kommentare abgaben, die überhaupt nur Eingeweihte verstehen konnten. Für mich aber hat Kunst eine soziale Verpflichtung. Ich will nicht nur eine kleine Elite ansprechen.

Auf dem Programm am Sonntag steht außerdem Richard Strauss' „Alpensinfonie“. Die fällt ja unter die Sparte „Programmmusik“.

Wir haben eine sehr große Orchesterbesetzung, das war eine gute Gelegenheit, die aufwendige und selten gespielte „Alpensinfonie“ zugeben. Ich lehne Programmusik ganz ab. Meine Musik ist absolute Musik, in der es um Gefühle geht, die mit dem Leben von jedem zu tun haben.

Sie haben bei Hans Werner Henze studiert. Sind Sie ein konservativer Komponist?

Im musikalischen Sinne, ja. Ich mache Musik, die intuitiv verständlich ist. Dennoch hätte sich die Nordwestdeutsche Philharmonie fast geweigert, meine Sinfonie zu spielen. Denen war das alles zu neutönerisch. Aber Bernbachers Autorität hat sich natürlich durchgesetzt.

Wie sieht Ihre Zukunft aus?

Ich hoffe sehr, daß meine Sachen aufgeführt werden, denn gut leben, nein, gut leben kann ich vom Komponieren nicht. Fragen: Cornelia Kurth