: Weserfische haben Frühlingsgefühle
■ Bremer Betriebe prostestieren gegen Fücks' Wasserspargesetz
Gegen die Einführung des „Wasserpfennigs“ für Großabnehmer im Rahmen des geplanten Bremer Wasserspargesetzes protestierten gestern die betroffenen Wirtschaftschaftsbetriebe auf einem Symposion. Das vom Senator für Umweltschutz, propagierte Gesetz ist auch im Senat und der Koalition heftig umstritten. Zusätzlich zu der Koalitionsvereinbarung, die eine Gebühr für die Grundwasserentnahme vorsieht, möchte Ralf Fücks auch die Entnahme von Oberflächenwasser mit einer Zusatz-Gebühr belegen. Wer mehr als 4000 Kubikmeter Grund- oder Oberflächenwasser pro Jahr verbraucht, soll einen Pfennig pro Kubikmeter zahlen.
Fücks wies darauf hin, daß allein das „Bekenntnis zur sozialökologischen Marktwirtschaft“ nicht ausreiche. Man müsse auch Konsequenzen ziehen. „Vorrausschauendes Agieren ist notwendig“, begründete er seinen Vorstoß, über Umweltabgaben die Industriebetriebe zu einem bedachtsameren Umgang mit dem Lebensmittel Wasser zu zwingen. Vorbild sei für ihn das schon bestehende Wasserspargesetz in Niedersachsen. Fücks will die Bremer Betriebe „nicht zur Ader lassen“, sondern „zu wassersparenden Investitionen motivieren“. Wer spart, wird mit einer Gebührenermäßigung belohnt. Mit diesen zusätzlichen Einnahmen sollen ökologische Maßnahmen finanziert werden. Sieben Millionen Mark Mehreinnahmen sind im Haushalt 1993 veranschlagt.
Den zusätzlichen Wasserpfennig müssen vor allem die Betriebe zahlen, die in großem Umfang Weserwasser zu Kühlzwecken benötigen: die Stadtwerke Bremen, die Klöckner-Hütte und die Bremer Lagerhaus-Gesellschaft.
Dieter Porschen, Geschäftsführer der Handelskammer, warf Senator Fücks vor, mit den zusätzlichen Wasserabgaben „nur Kasse zu machen“ und sich „einen eigenen Topf zu schaffen. Der Bürger versteht, warum er für den Mülleimer zahlen muß, wir Unternehmen verstehen nicht, warum für Weserwasser zu zahlen ist, wenn keine Gegenleistung erfolgt.“ Das Wasser sei bei der Wiedereinleitung sogar sauberer, sagte Porsche. Er kritisierte den Wettbewerbsnachteil für Bremer Unternehmen: „Europäische Mitbewerber haben keine Auflagen“.
„Wir sind die Hauptbetroffenen des Gesetzes“, sagt Hinrich Volker, Geschäftsführer der Stadtwerke Bremen. Rund 700 Millionen Kubikmeter KÜhlwasser zapfen die Kraftwerke im Jahr aus der Weser. Er bezifferte die Mehrbelastung auf jährlich knapp 8 Millionen Mark. Den Vorwurf, die Weser ökologisch zu belasten, hält er für „verfehlt“: „Wir haben keinen Ressourcenverbrauch, sondern einen Gebrauch.“ „Nur eine geringfügige Wärmebelastung“, nannte Volker die Einleitung des durchschnittlich drei Grad wärmeren Wassers. Die Sauerstoffauszehrung werde duch Anreicherung wieder ausgeglichen. „Alternativen zur Frischwasserkühlung gibt es nicht“, sagte er abschließend.
Welche Folgen die „chronische Temperaturerhöhung“ für die Weser habe, beschrieb der Wasser-Ökologe Schirmer von der Uni Bremen. Die Wärmeeinleitungen führten zu einer „dramatischen Veränderung“ der biologischen Lebensgemeinschaften . Im Winter hätten Fische schon Frühlingsgefühle. Tropische und subtropische Arten fühlten sich in der Weser bereits heimisch. Marion Wigand
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