Guyana: Opposition siegt

■ Unruhen begleiteten die Wahlen

Georgetown (taz) — Die oppositionelle „Fortschrittliche Volkspartei“ (PPP) hat die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Guyana gewonnen. Nach 40jährigem Kampf um die Macht in dem südamerikanischen Staat hat der ehemalige Marxist Cheddi Jagan damit sein Ziel erreicht. Er wird den bisherigen Präsidenten Desmond Hoyte vom bisher regierenden „Nationalen Volkskongreß“ (PNC) ablösen, der seine Niederlage widerstrebend akzeptierte. Der Wahlkampf war von schweren ethnischen Unruhen begleitet.

„Sie werden sich wohl oder übel damit abfinden müssen“, murmelt die farbige Polizistin an einer Straßensperre gestern Nacht in Georgetown, Guyana. Die aggressive Stimmung der Afro-Guyanesen, die traditionell der früheren Regierungspartei anhängen, weicht allmählich einer deprimierten Ruhe. Ex-US-Präsident Jimmy Carter sprach von den „ersten fairen Wahlen“ im Land. Sein „Carter Center“ hatte die Wahlen beobachtet. Carter ermahnte beide Parteivorsitzenden, alles zu tun, um den Frieden in den Straßen Georgetowns wiederherzustellen. Eine zusätzliche Warnung kam vom Sprecher des US-State Department, Richard Boucher, der die Regierung von Guyana aufrief, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten und den Wahlablauf zu schützen. Am Wahltag und am darauffolgenden Tag waren einige tausend afro-guyanesische Jugendliche plündernd durch das Geschäftszentrum der Hauptstadt gezogen. Die meisten Geschäfte blieben auch am dritten Tag nach den Wahlen geschlossen. Alle Flüge ins benachbarte Ausland waren ausgebucht, da wohlhabende Inder unter dem Schock der rassistisch motivierten Unruhen ihre Familien ausfliegen ließen. Der staatliche Rundfunksender, dem durch seine aufputschende Berichterstattung eine Mitschuld an den Ausschreitungen gegeben wird, hatte seine Wahlberichterstattung vorübergehend eingestellt. Dadurch war das Endergebnis für viele PNC-Anhänger eine böse Überraschung. Nach Auszählung von 96 Prozent der Stimmen hat die PPP von Dr. Jagan 54.2 Prozent der Stimmen erhalten, die regierende PNC hingegen nur 41.4. Die übrigen neun Parteien blieben fast alle unter einem Prozent. Dieses Ergebnis entspricht ziemlich genau den Bevölkerungsanteilen der Volksgruppen. Etwas über die Hälfte der Bevölkerung sind indischer Herkunft und traditionelle PPP-Wähler. Die 32 Prozent afrikanischer Abstammung und die zehn Prozent Mischlinge zählen zur Wählerbasis der PNC. Für den neuen Präsidenten wird die Überbrückung dieser Spaltung der Gesellschaft zur Hauptaufgabe seiner Amtszeit werden. W. Steck