Lex Klöckner beim Sonderabfall

■ Bremer Umweltsenator verdient ab 1993 am Sonderabfall mit / Geld soll in Müll-Technologie fließen

Mit einem AbfallabgabenGesetz will der Bremer Umweltsenator vom kommenden Januar an Bremer Firmen zur Kasse bitten. Jedes Unternehmen, das pro Jahr mehr als 500 Kilogramm schadstoffhaltigen Sonderabfalls produziert, soll dafür berappen. Zunächst zwischen 50 und 150 Mark je Tonne, je nach Art des Abfalls. Ab 1996 sollen sich die Beträge dann verdoppeln.

Die eine Hälfte des Geldes soll in die Finanzierung von neuen Technologien auf dem Sektor der Abfallvermeidung fließen, die andere Hälfte soll zur Sanierung von Altlasten eingesetzt werden. „Schließlich haben Unternehmen diese Altlasten auflaufen lassen, da können sie sich auch an der Finanzierung der Sanierung beteiligen“, erklärt Georg Musiol, Leiter der Rechtsabteilung beim Umweltsenator. Etwa elf Millionen Mark erwarten die Bremer Entsorgungs-Betriebe (BEB) aus den Einnahmen des neuen Gesetzes für 1993. Zahlen müssen ca. 1.000 Bremer Betriebe, der Löwenanteil, mehr als 50 Prozent, kommt aus 13 Bremer Großbetrieben: unter anderem die BEB selbst als Betreiberin zum Beispiel der Kläranlage in Seehausen und der Stahl-Produzent Klöckner.

Beim Stahlkocher ist man natürlich wenig begeistert über die neue Abgabe. „Der Bundes- Umweltminister hat diese Idee gerade wieder aufgegeben, jetzt machen die Länder diesen Quatsch“, schimpft Unternehmens-Sprecher Dr. Günther Ziegenbalg. Das Gesetz sei eine neue Form der „Planwirtschaft“. und eine reine Geldbeschaffungsmaßnahme des Umwelt- Ressorts. „Die sachliche Richtigkeit bei der Bemessung von Sonderabfall wird überhaupt nicht klar. Die wollen sich doch nur Spielgeld besorgen.“

Klöckner selbst kam bei einer Überschlagsrechnung für die Festlegung der Abgabe auf einen Betrag von über 20 Millionen in 1993. Ziegenbalgs Vermutung: Die Behörde habe wohl "hoch 'rangehen' wollen, damit der Betrieb dann den niedrigeren Betrag akzeptiere.

Jurist Musiol sieht das anders. Die Behörde habe Klöckner von Anfang an nur mit 1,6 Millionen veranschlagt. Man habe sich, nachdem man die eklatante Differenz festgestellt habe, „mit dem Unternehmen zusammengesetzt“. Die 20 Millionen seien „natürlich Wahnsinn“ gewesen. Dann gingen die Verhandlungspartner die Liste der Sonderabfallstoffe durch, und stellten fest: Bestimmte Sonderabfälle, die Klöckner bereits als solche deklariert, behandelt und einrechnet, waren von der BEB gar nicht erfaßt. Andere, die erfaßt waren, wurden später sogar wieder aus der Liste der abgabenfähigen Sonderabfälle gestrichen.

In dem ersten Gesetz-Entwurf aus Mai '92 listete die BEB unter den abgabefähigen Stoffen (Abfall-Schlüsselnummer 316 19) Gichtgasschlämme und ( Nr. 316 21) Kalkschlamm mit schädlichen Verunreinigungen auf. Beide Stoffe produziert Klöckner jährlich in fünf bis sechsstelligen Tonnenzahlen. Das Gichtgas ist blei- und zinkhaltig und fällt bei der Hochofenreinigung an, die Klärschlämme enthalten Öl und entstehen bei der Abwasser-Reinigung. Beide Stoffe sind in der Vorlage, die jetzt dem Senat zur Abstimmung vorliegt und dann von der Bürgerschaft verabschiedet werden soll, nicht mehr enthalten. Klöckner deponiert sie auf der werkseigenen Deponie, und zweckmäßigerweise hat die BEB im Gesetzentwurf einen Passus eingefügt, der sich blendend mit dieser Tatsache ergänzt: „Die Abfallabgabe wird nicht erhoben auf Abfälle, die ... stofflich verwertet werden, ohne daß dabei das Wohl der Allgemeinheit ... beeinträchtigt wird.“

„Wir haben uns davon überzeugen lassen, daß die Aufnahme von bestimmten Stoffen in die Liste nicht sinnvoll ist“, erklärt dazu Umwelt-Jurist Musiol. Die „Überzeugungsarbeit“ habe im wesentlichen die Klöcknerhütte geleistet. Und einen zweiten Überzeugungsbeitrag hatten die Stahlkocher gleich auch noch auf der Pfanne: Nicht schon 1994 tritt die Verdoppelung der Abgaben in Kraft, wie es der Gesetzentwurf erst vorgesehen hatte, sondern erst 1996. „Die Unternehmen können sich unmöglich mit ihren Verfahren in nur einem Jahr umstellen“, erklärt Musiol.

Auf die Summe haben sich die Kontrahenten inzwischen auch geeinigt: Klöckner wird bis 1996 3,2 Millionen Mark jährlich zahlen. Markus Daschner