Brachvogel im Behörden-Dschungel

■ Umweltbehörde blockiert Öko-Siedlungen in Lurup und Schnelsen / Genossenschaft tritt seit drei Jahren auf der Stelle

in Lurup und Schnelsen / Genossenschaft tritt seit drei Jahren auf der Stelle

Der Kampf um ein Biotop am Luruper Brachvogelweg und eine Grünfläche am Ellerbeker Weg in Schnelsen ist voll entbrannt. Eine Wohngenossenschaft möchte hier zwei Öko-Siedlungen für insgesamt 170 Menschen bauen. Doch ausgerechnet die Umweltbehörde behindert diese Pläne nach Kräften.

Dabei zeigte sich die Vahrenholt-Behörde einst äußerst begeistert von dem Projekt: Rund 55 Wohneinheiten zwischen 60 und 105 Quadratmeter groß sollen auf den beiden Grundstücken entstehen - 33 in Lurup, 22 in Schnelsen, unweit der Hamburger Grenze. Die Süddächer der Reihenhäuser werden mit Sonnenkollektoren verkleidet, die Norddächer durch Grasbepflanzung isoliert. Umweltfreundliche Baumaterialien und die Einrichtung von Biotopen gehören eben-

1falls zum Genossenschaftskonzept.

Damit Lärm und Abgase die Siedler nicht nerven und möglichst wenig Grünfläche versiegelt werden muß, soll die Siedlung zur autofreien Zone erklärt werden. „Wir wollen jedoch nicht nur ökologisch bauen, sondern auch ökologisch leben,“ betont Genossenschafts-Mitbegründerin Christiane Gerth. Die Architektin kann sich vorstellen, daß sich die Genossenschaft an einer Windanlage beteiligt und ein Solar-Auto anschafft. Daß die Bewohner für den Weg zur Arbeit Fahrgemeinschaften bilden werden, ist für Christiane Gerth ohnehin „selbstverständlich“. Ebenfalls geplant: Die Reinigung von Regenwasser in einem bepflanzten Teich, um dieses an Stelle von wertvollem Grundwasser in die WC-Spülungen der Siedlung zu leiten. Genauso

1wichtig wie die ökologische Verträglichkeit ist das soziale Konzept der Siedlungen. Die Chance, benachbart als Großfamilie zu leben, soll gerade älteren Bewohnern den Gang ins Altersheim ersparen. Auch Behinderten-Einrichtungen sollen in beide Wohnanlagen integriert werden.

Doch noch gibt es diese Vorstellungen nur auf dem Papier. Bereits seit drei Jahren kämpfen sich die GenossenschaftlerInnen durch das Behördendickicht. Während sie sich der Rückendeckung der bezirklichen Stadtplaner sicher sein können, behindern die Hamburger Behörden mit wechselnder Rollenverteilung das Öko-Projekt. Erst puschte die Umweltbehörde die Planungen, doch das Liegenschaftsamt der Finanzbehörde blockte ab: „Das Gebiet am Brachvogelweg ist für das Einfamilienhausprogramm des Senats reserviert“.

Geringfügige Änderungen der Baupläne ließen den Widerstand der Finanzbehörde verpuffen, doch nun bläst plötzlich die Umweltbehörde zum Rückzug: Sie will das obstbaumbewachsene Biotop am Brachvogelweg als Grünfläche erhalten, das Gelände am Ellerbeker Weg hingegen für Kleingärtner reservieren, die an anderer Stelle geplanten Wohnungsbauprogrammen weichen müssen. Die Vahrenholt- Untergebenen ließen durchblicken: Zustimmung gibt es bestenfalls für eines der beiden Projekte.

Doch auf der Interessentenliste der Genossenschaft stehen schon heute weit mehr Interessenten, als in den 55 geplanten Wohnungen Platz finden. Denn auch die Finanzierung der Bio-Reihenhäuser ist attraktiv: 75 Prozent der Wohnungen sollen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus finanziert werden, die Genossenschaft muß nur 15 Prozent Eigenkapital aufbringen.

Den Rest würde die Wohnungsbaukreditanstalt als Darlehen beisteuern. Pro Genossenschaftsmitglied wären so - je nach Wohnungsgröße - 40000 bis 60000 Mark für Genossenschaftsanteile aufzubringen. „Einige können sich das nicht leisten“, weiß Christiane Gerth, „aber die besserverdienenden wollen die finanzschwächeren Anwärter mittragen“. Marco Carini