„You can“ — Frauen sollen Karriere machen

■ Karriereberaterin Monika Becht: Warum der Weg nach oben Frauen oft so schwer fällt

Bitte den Frauenkopf

Karriereberaterin Monika BechtFoto: Katja Heddinga

Männer machen Karriere, Frauen machen Männerkarrieren. Und macht eine Frau mal selber Karriere, dann ist sie männlicher als jeder Mann.

„Uh! Ich kann es nicht mehr hören!“ Monika Becht macht in Karriere — „You can“ ist gleichzeitig Name und Motto ihrer Karriereberatung am Ostertorsteinweg. Seit eineinhalb Jahren berät sie Frauen, die den Job wechseln wollen oder auf dem Sprung in die Selbständigkeit sind, die sich in Konflikten am Arbeitsplatz „festgebissen“ haben oder die durch langjährige Routine „ausgebrannt“ sind — hauptsächlich Frauen zumindest. Mit einem reinen Frauenservicebüro hat Monika Becht

angefangen, jetzt berät sie auch Männer — aber die kommen kaum. Kein Wunder, werden Männerkarrieren doch ganz automatisch geplant und untereinander abgemacht.

Bei Frauen sieht das anders aus: „Karriere ist bei uns immer noch der Senkrechtstart in die Chefetage — aber Frauen haben andere Lebensläufe und können diesen linearen Weg nach oben sowieso nie machen“, sagt Becht. Sind aber keine Kinder, dafür aber ein Haushälter vorhanden, stünde einer Frau der Weg in die beruflichen oberen Regionen offen — trotzdem bleiben immer noch ein Haufen Barrieren übrig.

„Männer haben bei ihrer Kar

riere die ganze Bandbreite der Unterstützung“, sagt Monika Becht — die Unterstützung ihrer Kollegen in der Firma, die von Freunden und vor allem die ihrer Frauen. „Bei Frauen, die mit Männern zusammenleben, ist es aber nicht selbstverständlich, daß sie unterstützt werden“, sagt Becht. Oft fängt die Partnerschaft an zu wackeln — „auch wenn die Männer nicht von Anfang an dagegen, sondern sogar begeistert waren.“ Doch die Begeisterung läßt schnell nach, wenn's erst mal konkret wird, die Frau oft weg ist und abends geschafft in den Sessel plumpst.

Die Unterstützung ist aber nicht nur in der Partnerschaft wichtig: „Bedeutung hat auch, was die beste Freundin dazu sagt — die ganze persönliche Umgebung muß sich da an was Neues gewöhnen.“ Bekommt eine Frau ein Kind, sind diese einschneidenden Veränderungen in den Freundschaften natürlich akzeptiert — hat eine Frau weniger Zeit für ihre FreundInnen, weil sie beruflich nach oben will, sieht das ganz anders aus.

Die Frauen, die zu „You can“ kommen, nehmen ihre berufliche Entwicklung ernst. Und das ist nicht selbstverständlich: „Viele Frauen überlassen das dem Zufall. Und sitzen sie in einer guten Position, sagen sie selbst: ‘ch habe Glück gehabt' oder ‘Das hat sich so ergeben'. Aber nie: Das habe ich selbst in die Hand genommen.“ Selbstbewußtsein, doch, das hätten sie schon — „was ihnen fehlt, ist das Bewußtsein, daß sie ihr Leben selbst im Griff haben.“ Und genau das ist der Anachronismus: Männer, die sehr viel öfter durch Seilschaften, Männerfreundschaften oder Geschlechtsgenossenförderung in ihre Positionen gekommen sind, schreiben das ganz selbstverständlich ihren herausragenden persönlichen Eigenschaften zu. Frauen, die sich sehr viel öfter durch ihre wirklichen Qualifikationen auf ihre Position gekämpft haben, schreiben das allem zu, nur nicht dem eigenen Können.

Haben Frauen Angst vor dem Erfolg?

Bei vielen Frauen hat Monika Becht eine Angst vor dem Erfolg festgestellt: „Frauen sind überhaupt nicht darin trainiert, Anerkennung zu bekommen. Sie wurden jahrzehntelang darauf konditioniert, andere bei ihrem Erfolg zu unterstützen.“ Auch vage Gefühle von 'Das habe ich nicht verdient' spielten da hinein — und Schuldgefühle. Bei „You can“ gab es auch den Fall einer Frau, die erfolgreich war und Schuldgefühle hatte, weil sie mehr Geld als ihr Mann nach Hause brachte — sie hat sich aus dem Beruf zurückgezogen.

Außerdem sind Frauen oft viel zu puristisch, findet die Karriereberaterin: „Sie haben immer das Gefühl, Beförderung ist was Halbkorruptes.“ Kontakte zu knüpfen und zu pflegen, auch mal mit jemandem ein Bier trinken zu gehen — für Männer Selbstverständlichkeiten - da sträuben sich Frauen. Kein Wunder, solange dem auch nur der Verdacht des „Sich-Hochschlafens“ anhängt.

Das Super-Frauen-Syndrom

So unterschiedlich Frauen sind, eins findet Monika Becht absolut frauentypisch: Perfektionismus. „Da kommt sehr schnell das –Super-Frauen-Syndrom– auf.“ Heißt: Ich muß 100prozentig, allwissend und immer topfit sein, und ich habe hochgehängte Ansprüche. „Das hat natürlich auch was Gutes — Frauen haben Qualitätsbewußtsein. Aber dieses Übergebäude bremst unheimlich.“ Und da machten Frauen lieber noch eine Fortbildung und noch eine Umschulung, statt einfach mal zu sagen: Jetzt mache ich mal eine Zäsur und probiere das aus. „Frauen müssen riskieren, auch mal eine falsche Entscheidung zu treffen“, sagt Becht.

Viele Frauen kommen zu „You can“ und sind in einem Zwiespalt — eigentlich möchten sie zwei Dinge tun. „Und wir haben gelernt: Du mußt dich entscheiden. Dabei gibt's vielleicht eine Möglichkeit, das eine jetzt und das andere später zu tun. Oder die Dinge miteinander zu verbinden...“ Wie das aussehen kann, erzählt Monika Becht anhand ihres eigenen Lebenslaufes: „Ich wollte mal Regisseurin werden. Dann war mir der lange Weg zu diesem Beruf zu lang — da habe ich meine Regielust in den Seminaren ausgelebt, die ich gegeben habe.“ Nachdem Monika Becht in der Erwachsenenbildung arbeitete, hat sie in den USA den Beruf der „career counselor“ entdeckt und ein einjähriges Zusatzstudium „career development“ absolviert. Ihren Klientinnen, an die 200 waren es in den vergangenen eineinhalb Jahren, will sie in den Beratungen Hilfestellung geben, die eigenen Wünsche und Ideen abzuklären. Dazu gehören „Hausaufgaben“ in Form von Arbeitsübungen — selbst Erlebtes soll noch einmal durchdacht werden; wann war ich 'so richtig dabei', was hat mir Spaß gemacht, wo habe ich gute Arbeit geleistet? Zu diesen Arbeitsübungen kann aber auch ein Kontaktgespräch gehören — will eine Frau Kamerafrau werden, soll sie mit einer, die diesen Beruf ausübt, Kontakt aufnehmen. „Das Ganze soll so konkret wie möglich sein.“ Eine Beratungsstunde kostet 80 Mark. Und ihre Ideen werden im nächsten Jahr auch nachzulesen sein — sie schreibt gerade an einem Buch „Karrierestrategien für Frauen.“ Susanne Kaiser