„Hilfsbereitschaft — typisch Wassermann“

■ Gesichter der Großstadt: Die Astrologin Monika Novak sagt ihren Kunden nicht nur die Scheidung, sondern sogar Ärger mit der Heizungsabrechnung voraus

Zu ihren Füßen kläfft ein tibetanischer Tempelhund. An der Decke des Salons in bester Dahlemer Lage hängt ein üppig verzierter Porzellanlüster, der die Familienerbstücke aus Birkenwurzelholz, eine Sammlung alter Puppen und Unmengen von Porzellannippes in mildes Licht taucht. Und neben ihr auf dem dunkelroten Plüschsofa stapeln sich Bücher mit Tafeln, in denen man den Stand der Planeten in jeder Minute dieses Jahrhunderts nachlesen kann.

Als „prominente Astrologin, Kartenlegerin, Expertin in Zusammenführung“ empfiehlt sich Monika Novak per Kleinanzeige. Mit dem Kartenlegen, erklärt sie, sei es allerdings so eine Sache: „Ob das nun der Wirklichkeit entspricht, na ja...“ Aber auf die Astrologie läßt die energische Fünfzigjährige nichts kommen. Forsch schreitet sie zur Demonstration: „Im Juni hat der Uranus einen negativen Einfluß auf Sie ausgeübt, hatten Sie da Streß?“ Eigentlich nicht. Aber so aus dem Stand, erklärt sie eilig, seien verläßliche Aussagen schwierig: „Ein ausgearbeitetes Horoskop kostet Stunden.“

Hilfsbereitschaft bezeichnet sie — „ein typischer Wassermann“ — als ihre wichtigste Eigenschaft, Geld dagegen sei ihr völlig unwichtig. Mehr als 150 Mark würde sie für eine mehrtägige Beratung nicht nehmen. Wovon sie dann eigentlich lebt? „Von der Scheckkarte meines Mannes. Wir leben getrennt, aber ich bin so erzogen worden, daß ein Mann seine Frau ernähren muß.“ Mit Stolz berichtet Monika Novak von prominenten Bekanntschaften aus Schauspieler- und Politikerkreisen: „Ich komme ja vom Film.“ Ihre bunte Bluse und die goldenen Collegeschuhe unterstreichen den Hang zum Glamour. In einem unaufhaltsamen, berlinisch eingefärbten Redestrom erzählt sie Anekdoten.

Monika Novak wurde 1942 in Zeuthen bei Königs Wusterhausen geboren. Mit elf Jahren zog die Vollwaise zusammen mit ihrer Tante nach Berlin, da ihr Haus enteignet worden war. Ab 1961 arbeitete sie als Cutterin beim SFB, zunächst in der Ost-West-Redaktion, später bei der Abendschau. „Damals habe ich angefangen, Bücher über Astrologie zu lesen und meinen Freunden Horoskope zu stellen“, erzählt sie. Über die Vorherbestimmung hat sie eine verzwickte Theorie: Danach kommt das Verhängnis auf alle Fälle, es sei denn, man ist per Horoskop über eine „schlechte Phase“ informiert und deshalb besonders vorsichtig — wer dann aber zu ängstlich sei, den erwische es erst recht.

1967 gab Monika Novak den festen Beruf auf, um sich ganz der Familie zu widmen. Fürsorglich ist sie immer noch. Als ihr einziger Sohn, Jurastudent an der FU, nach Hause kommt, ruft sie: „In der Küche, du brauchst es nur warmzumachen.“ In den siebziger Jahren arbeitete Frau Novak sporadisch bei Filmproduktionen mit und schnitt unter anderem die legendären „Aufklärungs“-Filme von Oswald Kolle. Nach einem Fernkursus an einer Hamburger Schule für Astrologie bot sie 1984 erstmals per Zeitung Horoskope an. Voraussagen trifft sie für alle Lebensbereiche: Liebe, Arbeit, Investitionen, Prozesse, Wohnungen. Dem überraschten taz-Fotografen prophezeit sie für Mai nächsten Jahres Ärger mit seiner Wohnung. Das sei unwahrscheinlich? Die Astrologin überlegt: „Na, vielleicht kriegen Sie dann die Heizungsabrechnung.“ Miriam Hoffmeyer