Das Duell der toten Hosen

■ Beim peinlichen 2:0 von Leverkusen gegen die viert- klassigen Heilbronner errötet Trainer Saftig gleich zweimal

Heilbronn (taz) — Schusters Traum: dem Vollborn ein, zwei Dinger ins Netz legen, dann die Haare richtig schön hinfönen, über die Autobahn ins Sportstudio brettern, dem Dieter Kürten kräftig die Hand schütteln, und dann an der Torwand, ja, Heiligsblechle, an der Torwand würde er endgültig zum Helden werden. Also hat er die Woche über fleißig geübt, der Joachim Schuster, Kapitän des VfR Heilbronn, einen Ball durch zwei Löcher zu bugsieren. Die Chance nämlich, seinen Namen für immer in die Stammtische zu schnitzen, kriegt einer nur einmal im Leben als Verbandsliga-Kicker.

Saftigs Alp: auf der Fahrt ins Unterland an der Ausfahrt „Eppingen“ vorbeikommen, seinen Spielern die Geschichte von 1974 erzählen, als der große Hamburger SV hier im Pokal aufs Kreuz gelegt wurde, reden und warnen, und keiner hört richtig zu, und dann würden sie am Abend spöttisch lächeln, in der Sportschau das Aus eines Bundesligisten verkünden, gegen eine viertklassige Mannschaft. Also hat er die Woche vorher fleißig beim Gegner spioniert, der Reinhard Saftig, Trainer von Bayer Leverkusen, und sich im Frankenstadion ganz zu Hause gefühlt: „Bei uns sind auch verhältnismäßig wenig Zuschauer, da herrscht oft die gleiche miese Stimmung wie hier.“

Die tote Hose vom Rhein gegen die tote Hose vom Neckar. Die einen leben von ihrem potenten Sponsor und die anderen von der Erinnerung: Früher nämlich kickten hier rechte Kerle, zweithöchste Liga, zwanzig Jahre ist's her. Damals — woisch no? Ha freilich! — wurden die Offenbacher Kickers im Pokal geputzt und der FC Augsburg mit dem faßdicken Helmut Haller gleich 6:0 weggeschickt. Am Samstag aber wurden hier keine neuen Legenden geschmiedet.

Nicht, daß der Schuster nur geträumt hätte. Gerannt ist er und getrickst hat er, Christian Wörns hatte mit berühmteren Spielern schon weniger Mühe. Und Saftig saß eine Stunde lang arg gepeinigt und maulend auf dem Bänkchen. Aber dann traf Martin Kree (56.), und den Amateuren wurden die Beine schwer — Rene Rydlewicz umkurvte am Ende ein halbes Dutzend (86.) schwarz-weiße Trikots mitsamt dem Torwart: 0:2.

Seinem Trainer war es äußerst unangenehm. Vier Leute aus Berti Vogts' Kader hatte er vor 7.100 Zuschauern auflaufen lassen, die endlich mal wieder richtigen Fußball sehen wollten, und dann gaben sich die Profis nur „überheblich“ und „schludrig“ (Saftig).

Die Kabinenpredigt bei Halbzeit mochte er öffentlich schon gar nicht wiederholen und sowieso alles vergessen: „Schönes Hotel, gute Betreuung — das war das einzig Positive hier.“

Manager Reiner Calmund indes beruhigte sich nicht ganz so schnell: „Einen dicken Hammer“ werde er kaufen und den verwöhnten Bürschchen die richtige Einstellung schon in den Schädel klopfen, verkündete er dem schwäbischen Publikum im VIP-Raum — bald würde es einigen „unter den Socken rauchen“. Heftiger Beifall und Heiterkeit: So gut hatten die Thom und Kirsten während des Spiels die Leute bei weitem nicht unterhalten.

Nur der Heilbronner Trainer war immer noch im Pokalfieber. Ja, Günter Major hatte tatsächlich einen 1a-Gegner gesehen. Und für den Kollegen hatte er eine richtige Liebeserklärung: „großes Vorbild“, „fachlich total viel drauf“, „selten-sympathischer Typ“. Da errötete Reinhard Saftig zum zweitenmal an diesem Tag — nur diesmal nicht vor Zorn. Herr Thömmes.