„Die Mitsubishi-Leute waren unglaublich offen“

■ Interview mit Daimler-Vorstand Hartmut Weule über die Mitsubishi-Gespräche

taz: Herr Weule, Sie leiten die Mitsubishi-Gespräche aller vier Daimler-Unternehmen auf der Forschungsebene. Haben beide Konzerne heute das Vertrauen gewonnen, ihre Zukunftspläne miteinander auszutauschen?

Hartmut Weule: Ich war diesmal in Mitsubishi-Forschungsinstituten, wo nie zuvor ein Deutscher war. Nach einer gewissen Anwärmphase haben die Mitsubishi-Leute unglaublich offen mit uns geredet. Als ich bei Mitsubishi-Electric wissen wollte, wie ein Spiegel für eine besondere Synchroton-Einrichtung (ein Teilchenbeschleuniger, der für die Entwicklung neuer Chipgenerationen benötigt wird, d. Red.) hergestellt wurde, haben die mir sofort ein Bild und die Beschreibung der Maschine herbeigeholt. Der Fachmann dort hat mir sämtliche Prozeßdetails erzählt. Ich war platt.

Welche Bedeutung hat die Forschung für den Aufbau einer strategischen Konzernallianz?

In der Regel spricht man zuerst über Firmenallianzen. Erst wenn es da zündet, geht man an die Forschungsthemen, weil die Forschung die Zukunftssicherung für die Firma ist.

Welche Interessen verfolgen Sie in den Forschungsgesprächen mit Mitsubishi?

Wir können uns an den Mitsubishi-Leuten messen, und wir können von ihnen lernen. Nehmen wir ein Beispiel: Mitsubishi Heavy Industries ist eine Kombination von Deutscher Aerospace, Mannesmann, Demag und einer Werftgruppe. Da müßten Sie in Deutschland die Thyssen-Leute mit uns zusammentun. Die sind viel breiter orientiert. Deshalb muß Mitsubishi auch in der Forschung weiter sein.

Was können die Japaner dann noch von Ihnen lernen?

Im Labor von Mitsubishi Electric arbeitete ein junger Deutscher. Seine japanischen Chefs waren begeistert von ihm. Da sah man deutlich: Die brauchen unsere Kreativität und Spontanität.

Grundsätzlich herrscht an deutschen Forschungsinstituten die Angst vor einem Ausverkauf deutscher Ideen an Japan. Nun proben Sie die Zusammenarbeit mit Japan. Sehen Sie darin keinen Widerspruch?

Beides, was Sie sagen, gilt. Es besteht eine berechtigte Sorge, daß unsere Grundlagenforschung zum Nulltarif nach Japan geht und unsere Spitzeninstitute — wie bereits heute in Amerika — für Japaner arbeiten. Wir Deutschen sind ideenreicher. Andererseits sind die Japaner im Umsetzen schneller. Es wäre also gut, wenn man beides kombinierte.

Welches konkrete Projekt haben beide Unternehmen im Auge?

Ich beschäftige mich mit der Mikroelektronik. Mitsubishi Electric beginnt heute bereits mit der Entwicklung des 256-Megabit-Chip. Ich habe die Mitsubishi-Leute gefragt, ob sie das alleine können. Siemens, IBM und Toshiba teilen sich die Entwicklung dieses Chips. Ich glaube, Mitsubishi denkt auch darüber nach, ob sie dafür nicht einen Partner brauchen.

Sprechen Sie von einer zweiten deutsch-japanischen Chip-Allianz?

Bisher will Mitsubishi die Sache alleine machen. Doch ich betrachte es nicht als schlechtes Zeichen, daß wir heute schon darüber reden.

Interview: Georg Blume,

z. Z. Kobe