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War IM Sekretär auch dem KGB zu Diensten?

■ „Spiegel TV“: Abkommen sah Stolpes Einsatz beim Weltkirchenbund vor

Berlin (taz) — Neue Vorwürfe gegen den Brandenburger Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD). Wie aus einer Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Staatssicherheit und dem sowjetischen Geheimdienst KGB hervorgeht, sollte der Kirchenjurist Stolpe Einfluß auf den Weltkirchenrat nehmen, um dort „antikommunistische Kräfte zurückzudrängen“. Das berichtet „Spiegel TV“. Dies gehe aus einem als streng geheim klassifizierten Papier hervor, das der Stasi-General Erich Mielke und der Vorsitzende des KGB, Jurij Andropow, Mitte 1978 unterzeichneten.

Das zwölfseitige Dokument trägt den Titel „Plan der Entwicklung der Zusammenarbeit zur Bekämpfung der ideologischen Diversion der Geheimdienste und anderen subversiven Zentren der imperialistischen Staaten“. Vereinbart wurde darin eine Zusammenarbeit zwischen der Stasi- Hauptabteilung XX und der V. Verwaltung des KGB für die Jahre 1978 bis 1980. Unter anderem heißt es: „Auf der Basis dieser Einschätzungen und Informationen sind gemeinsame Absprachen zur Instruktion der IM zu treffen. [...] Seitens der Hauptabteilung XX kommen hierzu die IM ,Dietrich‘ und ,Sekretär‘ zum Einsatz.“ IM Sekretär ist das Pseudonym, unter dem Manfred Stolpe von der Stasi geführt wurde. In einer Nachfolgevereinbarung von 1981 zwischen MfS und KGB heiße es weiter, daß alle wesentlichen Ziele der Zusammenarbeit erreicht wurden.

Das neue Dokument zieht auch bisherige Angaben der Führungsoffiziere des IM Sekretär in Frage. Vor dem Potsdamer Untersuchungsausschuß hatten diese angegeben, sie hätten die Registrierung des Kirchenjuristen nur als verwaltungstechnischen Vorgang für die Ablage der Stolpe und die Kirche betreffenden Informationen vorgenommen. Erstaunlich wäre, wenn das MfS in einer derart hochrangigen zwischenstaatlichen Vereinbarung mit einer Art Legende operiert haben sollte.

Manfred Stolpe hat noch in der Nacht auf Sonntag die Meldung als „Gruselgeschichte“ zurückgewiesen: „Mit dem KGB hatte ich nie etwas zu tun.“ Wenn MfS und KGB geplant haben sollten, „mich in meiner Funktion als Verhandlungsbeauftragten der Kirche der DDR für ihre Zwecke beim Weltkirchenrat zu mißbrauchen“, dann sei dies „reines Wunschdenken“ gewesen. Er habe sich beim Weltkirchenrat „für die Menschenrechte und mehr Freiräume in der DDR eingesetzt“.

Ins Wanken könnte Stolpes Darstellung zu den Umständen der ihm verliehenen DDR-Verdienstmedaille geraten. Es gebe „ernstzunehmende Hinweise“, so „Spiegel TV“, daß der Ort der Übergabe ein konspiratives Objekt, ein Stasi- Gästehaus in Berlin-Köpenick mit dem Tarnnamen „Schloß“, gewesen sei. Wolfgang Gast

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