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Expo Sevilla: Katerstimmung nach der Fiesta

■ In Sevilla ist die Weltausstellung geschlossen worden/ Spaniens Steuerzahler fürchten jetzt die Rechnung für das Spektakel/ Was wird aus dem Expo-Gelände?

Madrid (taz) - Zum Abschluß wurde es noch einmal voll in Sevilla. Der Hochgeschwindigkeitszug AVE aus Madrid war schon Wochen im voraus ausgebucht, die 22.000 Hotelplätze in der Stadt belegt; und auch die Polizeipräsenz war verstärkt worden: Am gestrigen Abend wurde im Beisein des spanischen Königspaars Juan Carlos und Sofia sowie des gesamten Kabinetts die Weltausstellung mit einem großen Feuerwerk beendet.

Die Weltausstellung sei ein voller Erfolg geworden, versicherte der Chef der Organisation, Jacinto Pellon, alle gesteckten Ziele seien erreicht worden. Umfragen hätten ergeben, daß 70 Prozent der BesucherInnen hocherfreut die Ausstellung verlassen hätten - obwohl sie oft stundenlang Schlange stehen mußten und es nur teures Fast- food aus Plastikgeschirr gab. Freilich haben die 42 Millionen pro Kopf nur halb soviel ausgegeben, wie die Organisatoren geschätzt hatten: 25 Mark war ihnen die Expo zusätzlich zum Eintrittspreis von 65 Mark durchschnittlich wert.

Vergessen sind die Pannen vor Beginn der Expo, vergessen der Hohn der spanischen Presse, die in der Weltausstellung ein „Monument des nationalen Pfuschs“ gesehen hatte, vergessen auch die Auseinandersetzungen um Schmiergeldzahlungen für Aufträge.

Doch jetzt, wo das Fest vorbei ist, wird die Rechnung präsentiert - und vor ihrer Höhe zittert ganz Spanien. Zwar versicherte der Vorsitzende der 500-Jahr-Feier, Luis Yanez, die spanischen Steuerzahler hätten für die gesamte 500-Jahr-Feier insgesamt nur zehn Milliarden Peseten (150 Millionen DM) Kosten zu tragen, und das auf zehn Jahre verteilt. Und der im Lande kursierende Verdacht, die Verschwendungssucht bei der Expo habe zur Wirtschaftskrise des Landes erheblich beigetragen, sei aus der Luft gegriffen. Doch aus alter Erfahrung herrscht in Spanien Mißtrauen gegenüber offiziellen Kostenaufstellungen.

Kritisiert wird nicht nur die Höhe der Ausgaben, sondern auch, was mit dem Geld gemacht wurde. Daß Sevilla aus Anlaß der Feierlichkeiten neue Umgehungsstraßen, einen erweiterten Flughafen, einen neuen Bahnhof und neun neue Brücken über den Fluß Guadalquivir erhielt, mochte ja noch angehen. Die Einrichtung des Hochgeschwindigkeitszugs AVE, mit dem die Strecke Madrid-Sevilla in drei statt wie bisher in sieben Stunden zurückgelegt werden kann, stieß jedoch von Anfang an auf Kritik. Nicht nur, weil die Kosten des AVE nun beim Nahverkehr eingespart werden sollen. Zweifel bestehen auch, ob der Zug nach Ende der Expo überhaupt genutzt wird. Die bisher nur in geringer Zahl eingehenden Reservierungen für die Zeit nach der Ausstellung scheinen den Skeptikern recht zu geben.

Auch das ehrgeizige Projekt der spanischen Regierung, die Kartäuserinsel anläßlich der Weltausstellung zu einer High-Tech-Zone der Zukunft zu machen, ist weit von seiner Verwirklichung entfernt. 1988 hatten die Telekommunikationsfirmen Alcatel und Fujitsu zugesagt, auch nach dem Ende der Expo auf der Kartäuserinsel bleiben zu wollen, ebenso eine Reihe weiterer Firmen. Doch bislang ist keinesfalls klar, welche von ihnen tatsächlich in Sevilla bleiben wird. „Cartuja 92“, die Promotion-Gesellschaft für die Kartäuserinsel nach der Expo, muß nun gleichzeitig ansiedlungswillige Firmen suchen und das Gelände weiter in Betrieb halten - nach einer ersten Untersuchung kostet allein die Instandhaltung jährlich rund 30 Millionen Mark.

Auch die Sevillaner werden sich umgewöhnen müssen. Die Hotel- und Restaurantpreise, die während der Expo-Monate in lichte Höhen gestiegen sind, werden sich normalisieren müssen. Mehr als 20.000 Menschen, die bei der Weltausstellung beschäftigt waren, werden sich in die dicken Listen des Arbeitsamts eintragen, das dafür bereits eine Filiale auf dem Expo- Gelände eingerichtet hat. Außerdem werden viele von ihnen um die Löhne kämpfen, welche die verschuldeten Expo-Firmen ihnen vorenthalten haben.

Schließlich durfte die Kritik der anderen andalusischen Regionen nicht fehlen. Malaga, Jaen, Granada - sie haben allenfalls indirekt von der Weltausstellung profitiert. Doch ihr Straßennetz ist genauso schlecht wie zuvor, es gibt noch immer mehr als eine Million Arbeitslose, und diese Zahl wird vermutlich noch steigen. Kurz: In Andalusien herrscht nach der Fiesta Katerstimmung. Antje Bauer

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