Indianer rauchten in Bonn die Friedenspfeife

■ Indianische Delegation aus den USA und Mexiko zu Gast: „Wir sind nicht hier, um jemanden einzuschüchtern“/ Rita Süssmuth: Kolumbus-Tag kein Tag zum Feiern

Bonn (taz) — Zwei trugen Baseballmützen und Jeans, ein anderer hatte immerhin zwei Federn an seinem Lederhut. Zehn Indianer der Organisation „Kanto de la Tierra“, Häuptlinge und Stammesälteste aus den USA und Mexiko, suchten gestern den deutschen Regierungssitz heim, gaben eine Pressekonferenz und trafen sich mit Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth.

In Europa liege die Wurzel für den Genozid an den Indianern, erklärte Delegationsleiter Reymundo Tigre Perez. Auch die Deutschen hätten Schiffe mit Einwanderern geschickt. Deshalb sei man heute hier. Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth pflichtete ihm bei: Der Kolumbus-Tag sei kein Tag zum Feiern.

Vergangene Woche hatte die Delegation - ihre Reise wurde von deutschen Unterstützern bezahlt - bereits den bayerischen Landtag besucht und dort die Zusage von Strauß-Tochter Monika Hohlmeier mitgenommen, das nächste Kanto-Treffen in Amerika zu besuchen. Auf dem Programm dieser Woche steht eine Einladung von Europarlamentariern nach Brüssel. „Wird dieses Versprechen gehalten?“ grollte Perez, „oder wird dies ein weiterer gebrochener Vertrag?“

Seine übrigen Worte klangen versöhnlicher. Was sie wünschten, sei eine „Berichtigung der Geschichte“. Sie wollten den Dialog und Verständnis, um eine „Brücke der Versöhnung“ zu schlagen. Was die Erde jetzt brauche, sei ein Leben im Einklang mit der Natur, fügte Dhyani Ywahoo hinzu, eine Chereokee-Indianerin aus Vermont. Spätere Generationen, mahnte Perez, brauchten „gute Erde, gute Luft, gutes Wasser, um zu überleben“.

Konkrete Forderungen an die deutschen Politiker stellten die Besucher nicht. „Wir sind nicht hier, um irgend jemand einzuschüchtern“, versicherte Perez, „wir sind nicht hier, um das zu tun, was Kolumbus tat.“

Solche Taten hätte dem beleibten Mann vom Stamm der Purhepecha aus Arizona auch niemand zugetraut - konnte er doch sein Eigengewicht nur mühsam schnaufend bis zum Konferenzsaal im dritten Stock des Presseclubs hinaufhieven.

Dort versammelten sich die Indianer Punkt 12 Uhr zu einigen Gedenkminuten. Mit ihren Begleitern von der Gesellschaft für bedrohte Völker rauchten sie die mit Kräutern und Tabak gestopfte Friedenspfeife - während draußen die von Motorrädern eskortierte Autokolonne eines Gastes um die Ecke donnerte, der gestern in Bonn ungleich größere Aufmerksamkeit fand: Es war der französische Ministerpräsident Pierre Beregovoy. Hans-Martin Tillack