■ Mit dem Gatt auf du und du
: Und wieder mal kein Durchbruch

Brüssel/Berlin (taz/dpa) — Seit sechs Jahren verhandeln Unterhändler aus mehr als 170 Staaten über ein neues, freieres Welthandelsabkommen. Vor zwei Jahren bereits sollte die sogenannte Uruguayrunde (die so heißt, weil die Verhandlungen in der Hauptstadt des südamerikanischen Landes begonnen wurden) abgeschlossen werden. Fürderhin sollte, so das hehre Ziel, in einem umfassend reformierten „General Agreement on Tariffs and Trade“ (Gatt: Allgemeines Zoll und Handelsabkommen) geregelt sein, daß im Welthandel möglichst wenig geregelt ist und jedes Land seine Erzeugnisse zu den gleichen Spielregeln überall auf dem Globus verkaufen kann.

In der profanen Realität ist davon wenig geblieben. Immer wieder gibt es, wie bis Montag nacht in Brüssel, Zusammenkünfte der Gatt-Unterhändler der USA und der EG-Kommission, die damit enden, daß „ein Durchbruch noch nicht erreicht werden konnte“. Das verwundert kaum — zu sehr liegen die Positionen der USA und der EG auf wahlrelevanten Gebieten auseinander. Die EG will weiterhin ihre Bauern subventionieren, während die USA eine Streichung dieser Subventionen fordern, damit US-Bauern ihre Produkte in Europa leichter absetzen können. Die USA wiederum wollen verhindern, daß europäische Dienstleistungsmultis den US-Unternehmen die heimischen Märkte streitig machen dürfen.

Wie so häufig hieß es auch diesmal nach den „zweitägigen intensiven Brüsseler Gesprächen“ zwischen der US-Handelsbeauftragten Carla Hills und den EG-Kommissaren Frans Andriessen und Ray MacSharry, es seien „gute Fortschritte“ erreicht und die „unterschiedlichen Standpunkte angenähert“ worden. Der Fortschritt dürfte vermutlich darin bestehen, daß sich die drei UnterhändlerInnen gemeinsam mit dem US-Landwirtschaftsminister Ed Madigan nächstes Wochenende auf neutralem Terrain, im kanadischen Toronto, treffen wollen.

Die US-Regierung möchte unbedingt noch vor der Präsidentschaftswahl „den Durchbruch“ beim Gatt herausverhandeln, damit George Bush sich als erfolgreicher Außenhändler präsentieren kann. Zu Zugeständnissen in der Agrarfrage ist die US-Seite dennoch nicht bereit: das würde nämlich Wählerstimmen im agrarischen Mittleren Westen kosten. Und auch Frankreich, das größte Getreideexportland der EG, will mit Rücksicht auf seine unzufriedenen Bauern in der Agrarfrage keine Kompromisse.

Angesichts der Krise der Europäischen Gemeinschaft müssen selbst an einem Gatt-Abschluß stark interessierte Länder wie die Bundesrepublik Rücksicht auf die französischen Interessen nehmen. Viele Politiker und Experten befürchten, daß die Weltwirtschaft ohne einen erfolgreichen Abschluß der Verhandlungen noch tiefer in die Rezession rutscht. Doch dieser Effekt dürfte vor allem bei einem Abbruch der Verhandlungen entreten.

Dazu aber besteht gar kein Grund. So wird das Gatt auch beim EG-Sondergipfel am Freitag in Birmingham wieder auf der Tagesordnung stehen. Das Ergebnis? Siehe oben. Donata Riedel