„Jeder versucht doch, seine Haut zu retten“

■ Erste Aussagen in Skin-Prozeß

Magdeburg (taz) — Erstmals sagten gestern drei der fünf Angeklagten wegen eines Überfalls auf Punks in der Magdeburger Gaststätte „Elbterrassen“ aus. Sie sind vor dem Landgericht wegen schweren Landfriedensbruchs, schwerer Körperverletzung und versuchten Totschlags angeklagt. „Wenn alles stimmt, was Sie da erzählen, dann müssen sich die Leute am Eingangstor der Elbterrassen ja gestapelt haben“, stellte einer der Nebenkläger-Vertreter nach den Einlassungen zur Sache sarkastisch fest. Denn Olaf B., Pierre W. und Michael K. bestritten, bis auf die Tanzfläche vorgedrungen zu sein. Dort war die Prügelei am schlimmsten, dort wurde auch der 23jährige Torsten L. so schwer verletzt, daß er zwei Tage später starb.

Während Olaf B. freimütig einräumt, Skinhead zu sein, geht Michael K. auf Distanz zur Szene: „Ich bin kein Rechtsradikaler, ich bin da mehr oder weniger reingeraten, weil ich einige der Skins aus meiner Schulzeit kenne.“ Punks kann aber auch Michael K. nicht leiden. Von den drei bedauert nur Olaf B. das Geschehen: „Es sollte nicht soweit kommen, daß einer dabei stirbt.“ Sorgsam vermeiden es alle Angeklagten, andere zu belasten. „Ich habe Angst um Leib und Leben“, hatte Pierre W. gesagt, als er nach seiner polizeilichen Vernehmung um vertrauliche Behandlung seiner Aussagen bat. Dies wiederholt er im Gerichtssaal. Aber angeblich gelte diese Angst den Punks und nicht irgendwelchen Skins, die belastende Aussagen handgreiflich quittieren würden. Überhaupt bestehen die Aussagen der Angeklagten überwiegend aus Widersprüchen. Wenn ihnen diese Widersprüche vorgehalten werden, reagieren sie bockig. „Dazu möchte ich nichts sagen“, wird zum Standardsatz von Pierre W. Und Olaf B. bringt die Sache mit anderen Worten auf den Punkt: „Jeder versucht doch, seine eigene Haut zu retten, oder nicht?“ Der Prozeß wird am 19. Oktober fortgesetzt. Eberhard Löblich