Verschlossene Türen zum Semesterbeginn

■ „Café Geschwulst“: Uni-Leitung ließ in den Ferien die Schlösser umtauschen

Berlin. Eine böse Überraschung erwartete zum Semesterbeginn die StudentInnen des Fachbereichs Politische Wissenschaft. Wer wie gewohnt eine Tasse Kaffee im „Café Geschwulst“ trinken wollte, stand vor verschlossenen Türen – das Präsidialamt hatte die Schlösser auswechseln lassen.

Vorausgegangen war am früheren Otto-Suhr-Institut eine mehrmonatige Auseinandersetzung um die Räume. Nachdem sich kurz vor den Semesterferien eine Einigung zwischen dem Café-Plenum und der Fachbereichsleitung abgezeichnet hatte, kam das Auswechseln der Schlösser für die StudentInnen um so überraschender. Um auf die Schließung aufmerksam zu machen, verlegten die StudentInnen den Cafébetrieb ins Foyer des Institutshauptgebäudes in der Ihnestraße 21, wo sie Unterschriften für die sofortige Wiedereröffnung des Cafés sammeln. Auf einer für kommenden Montag geplanten Vollversammlung wollen die StudentInnen ihr weiteres Vorgehen besprechen.

Die Räume im Kellergeschoß des Institutsgebäudes in der Ihnestraße 22, deren Nutzung durch die StudentInnen nach einer Besetzung im Uni-Streik 1988 mit dem Fachbereich ausgehandelt worden war, fielen im Juli 1991 dem Rechnungshof bei einer Überprüfung auf. Er beanstandete die fehlenden rechtlichen Grundlagen der studentischen Raumnutzung und die unkontrollierte Nutzung von Wasser und Strom. Während die Uni- Verwaltung und die Fachbereichsleitung daraufhin einen Vertrag mit einzelnen VertreterInnen der Cafégruppe anstrebten, wurde dies von studentischer Seite mit Hinweis auf hierarchiefreie Strukturen in der Gruppe und drohende Repressalien gegen einzelne abgelehnt. Nach langen und zähen Verhandlungen sollten die Räume zu Sozialräumen deklariert werden, für deren Nutzung durch StudentInnen kein Vertrag notwendig ist.

Das Präsidialamt beharrt aber weiterhin auf einen Vertrag. Als pädagogische Maßnahme bezeichnete Egon Lodder, der Verwaltungsleiter des Fachbereichs, den Schlössertausch. Mit der Schließung solle Druck ausgeübt werden, daß die StudentInnen endlich ernsthaft Verhandlungen führen. Für Kurt Zegenhagen sollte mit der Schließung der Räume die „illegale Nutzung“ abgestellt werden. „Schließlich“, so Zegenhagen gegenüber der taz, „gibt es keinen rechtsfreien Raum in der Universität“. Johannes Zerger