Den Wahlkreisvertreter persönlich ansprechen

■ Diskussion über Luxus oder demokratische Notwendigkeit von freien Schulen

Berlin. Als Andenken bekamen Landesschulrat Hans Jürgen Pokall und die bildungspolitischen VertreterInnen von CDU, SPD und Bündnis 90/ Grüne je eine kleine Spielzeugschaufel in die Hand gedrückt: „Wenn Sie Gräben für die freien Schulen graben, werden wir Sie auf die Schippe nehmen.“ Dabei hatte es bei der Diskussion „Freie Schulen – Luxus oder demokratische Notwendigkeit“ am Mittwoch keine scharfen Kontroversen gegeben, obwohl die Haltung des Publikums im vollbesetzten Audimax der TU von Anfang an feststand: Beifall für die Vertreter der Privatschulen, Buhrufe für die Schulverwaltung.

Die Privatschulen, die vom Land Berlin nur die Personalkosten für die Lehrer erstattet bekommen, fordern staatliche Zuschüsse auch für Sachmittel, Verwaltungspersonal sowie für Miete und Instandhaltung ihrer Gebäude. Außerdem wollen sie eine Änderung der Regelung, nach der „Schulen im Aufbau“, die noch nicht sechs Jahre alt sind, keine oder – wenn sie von „bewährten Trägern“ errichtet werden – nur um 15 Prozent reduzierte Zuschüsse erhalten. „Offenbar ist dem Land der gesunde Körper mehr wert als der gesunde Geist“, sagte Helmut Anschau von der Waldorfschule im Märkischen Viertel: Für Sportvereine würde eine Ausnahme von der Landeshaushaltsordnung gemacht, die den Bezirken die Erhebung von ortsüblichen Mieten für öffentliche Grundstücke und Gebäude vorschreibt, für Schulen aber nicht. Eva-Maria Kraetzer als Vertreterin der katholischen Privatschulen nannte als „dringendste Sorge“ die Instandhaltungskosten für die Gebäude. Für alle übrigen Berliner Privatschulen sprach Professor Johann Peter Vogel von der bundesweiten „Arbeitsgemeinschaft freier Schulen“. Er verwies darauf, daß in keinem anderen Bundesland Schulneugründungen so stark benachteiligt würden wie in Berlin.

Ein schwarzrotgrüner Konsens zeigte sich in den Redebeiträgen von Charlotte Wegener (CDU), Ursula Leyk (SPD) und Sybille Volkholz (Bündnis 90/Grüne): Sie wollen sich in ihren Fraktionen dafür einsetzen, daß Schulen ähnlich niedrige Mieten zahlen müßten wie Sportorganisationen. Sybille Volkholz sprach sich jedoch dagegen aus, private Schulen voll vom Staat finanzieren zu lassen. Landesschulrat Hans Jürgen Pokall warnte davor, jeder Neugründung von Anfang an sämtliche Kosten zu erstatten. Dennoch zeigten die Vertreter von Verwaltung und Parteien Verständnis für die Sorgen der Privatschulen und begannen sogar unvermutet, das Publikum zu beraten, wie es seine Interessen am wirkungsvollsten durchsetzen könne: „Am besten sprechen Sie ihren Wahlkreisvertreter persönlich an.“ mh