Nürnberger Lebensrettung mit Hilfe einer Leiche

■ Klinisch tote Frau wird Kind „austragen“

Berlin (taz) – In der Universitätsklinik Nürnberg-Erlangen wird die Leiche einer Frau seit einer Woche medizinisch weiterversorgt, um den vierzehnwöchigen Embryo am Leben zu erhalten. Laut Angaben des verantwortlichen Arztes soll dieser Zustand fortgesetzt werden, bis das Kind aus dem Bauch der toten Mutter, vermutlich im März, entfernt werden kann. Für die Mutter, die bei einem Autounfall ums Leben kam, ist am 8.10. der Totenschein ausgestellt worden. Der Embryo sei nach ärztlichem Befund durch den Unfall mit Todesfolge noch nicht erkennbar geschädigt.

Der Arzt hat in Abstimmung mit KollegInnen anderer Kliniken und Zustimmung der Großeltern des Fötus (dessen Vater nicht auffindbar ist) entschieden, die Behandlung der Leibesfrucht fortzusetzen, solange keine anomale Entwicklung nachweisbar ist. Da es sich beim Zustand der Mutter um einen „Ganzhirntod“ (so der Arzt im Interview mit der taz) handelt, ist ungewiß, wie lange derselbe „stabil zu halten“ ist. Der „Großvater“ des Embryos hat die Pflegschaft für das erwartete Kind beantragt, will aber „auf das Abschalten der Maschinen drängen, wenn das Kind nicht gesund zur Welt kommen kann“.

Aus den USA und Finnland sind vergleichbare Fälle bekannt, deren ProtagonistInnen, die Kinder, den Versuch der Lebensrettung allerdings nicht immer lebend überstanden. Der australische Bioethiker Gerber, Dozent an der Universität von Queensland, forderte schon 1988, hirntote Frauen als Leihmütter zu verwenden. Verschiedene männliche Spezialisten aus den Bereichen Ethik und Theologie äußerten sich auf Befragen zustimmend zu dem Erlanger Versuch. Eine Ethikkommission war nicht in Anspruch genommen worden, weil es sich medizinisch nicht um ein „Experiment“, sondern um eine „Behandlung“ handle. Seiten 3 und 10