Die Meinungsfreiheit ist unteilbar!-betr.: "in Leben als Stoff für Legenden", taz vom 10.10.92

betr.: „Ein Leben als Stoff für Legenden“, taz vom 10.10.92

Oh ihr Knechtseelen, erniedrigt euch selbst doch nicht in dieser würdelosen Form. „Ein guter Vater verhängt keine Berufsverbote gegen seine Kinder“, wie wahr. Und blickt Jürgen Gottschlich den historischen Tatsachen ins Auge, so wird sich ihm die Antwort auf die Frage auftun, warum Brandt die Berufsverbote nicht verhindert hat: Der Kanzler und die SPD waren sich für diesen Schmutz nicht zu schade und bildeten die treibende Kraft beim Radikalenerlaß! Ansonsten pfeift der Autor das alte Lied von Brandt, der sich die Berufsverbotspolitik „aufschwatzen ließ, ohne sich über die Folgen im klaren zu sein“, ein leider stets glückloser Idealist. Der war nebenbei eben auch Bundeskanzler und damit laut Grundgesetz für die Richtlinien der Politik, und damit für diesen Verfassungsbruch verantwortlich. Mut zur historischen Wahrheit wäre hier gefragt, denn: Die Meinungsfreiheit ist unteilbar! Henrich Götz, Freiburg

Für jemanden, der sein Gedächtnis und seine Gesinnung nicht auf dem Altar des Zeitgeistes geopfert hat, ist Jürgen Gottschlichs Nachruf ein ehrlicher Rückblick auf eine wunderbar aufregende und lebendige — leider nur kurze — Zeit deutscher Nachkriegsgeschichte — und eine ungeheuchelte Würdigung einer der letzten faszinierenden — weil im vollen Sinne menschlichen — politischen Persönlichkeiten vor dem Hintergrund verbreiteten deutschen Mittelmaßes. Marianne Weuthen, Neuss