Erinnerung

■ "Die wiedergefundene Erinnerung - Verdrängte Geschichte in Osteuropa"

In seinem Buch „Der Tag zieht den Jahrhundertweg“ erzählt der kirgisische Autor Tschingis Aitmatow die Legende von Mankurt, dem man eine Kamelhaut über den Schädel zog. Überlebte man in der sengenden Sonne diese Prozedur, so verlor man für immer sein Gedächtnis und zerbrach, wurde zum willfährigen Objekt der Despoten. Doch nirgendwo in Osteuropa herrscht vollendete Amnesie, trotz Gefängnissen, Akten, Verfolgung, Vertreibung. Langsam fand die Erinnerung wieder ihren Ort, kehrte die Geschichte zurück zu den (Über)Lebenden: sei es in Katyn, sei es das Begräbnis für Imre Nagy. Der ursprünglich in Frankreich von Alain Brossat herausgegebene Sammelband essayistischer Reportagen kritisiert auch die neuen Legendenbastler, die andauernde Instrumentalisierung von Vergangenheit und Gegenwart.

Die wiedergefundene Erinnerung — Verdrängte Geschichte in Osteuropa. Hrsg. v. A.Leo, Basisdruck, 28DM