Wie in einem Rockkonzert

■ Enthemmte Begeisterung bei Manhattan Transfers Konzert in der Musikhalle

Konzert in der Musikhalle

Wo blieb am Freitag abend in der Musikhalle bloß die feine hanseatische Art, die kühle Zurückhaltung? Der Saal tobte und die Zuschauer, recht hübsch gemacht für den heiß ersehnten Abend, klatschten frenetisch Beifall. Manhattan Transfer, das singende Ensemble und ihr Begleittrio, versetzten sie in Ekstase und hätte der immer jung aussehende Alan Paul, als er den alten Schnulzen-Titel „Gloria“ sang, auch noch sein Hemd ausgezogen, hysterische Schreie wären erklungen, wie in einem richtigen Rock-Konzert.

Dem unvoreingenommenen Betrachter allerdings drängte sich die Frage auf, ob er denn wirklich eine so berauschende Show des seit zwanzig Jahren bestehenden Quartetts erlebte? Sie sangen abwechselnd alte Jazz-Standards und dreißig Jahre alte „rührende“ Hits. Stücke wie „Fever“ veranlaßten manchen zu spontanen Gefühlsausbrüchen, die in Form eines flüchtigen Kusses auf der Wange der Freundin endeten.

Doch wirkte die erotische Hingabe der New Yorker aufgesetzt und hatte die Ausstrahlung einer Militärunterhose. Aber das Publikum genoß es, applaudierte lange nach jedem Titel und zeigte seine Vorliebe für leicht bekömmliche Musik. Mit der kurzfristigen Wiederbelebung von 50er-Jahre Friede- Freude-Eierkuchen-Atmosphäre genügten die vier Vokalakrobaten diesem dringenden Bedürfnis.

Ihr wirkliches Können zeigten sie bei der vielstimmigen Interpretation von Jazz-Titeln, wie „I Remember Clifford Brown“. Vor allem Janis Siegel und Tim Hauser

sangen atemberaubend die Bläser- Soli, die die damaligen Legenden aus dem Bauch pusteten. Leider waren bei diesen Stücken die Texte nicht zu verstehen, die der Komponist Jon Hendricks zu den instrumentalen Stücken für Manhattan

Transfer geschrieben hatte.

Solide und souverän arbeitete das Begleittrio im Hintergrund und sorgte für die geschlossene Form. Pianist Yaron Gerschovsky gliederte den Noten-Dschungel mit sicherer Hand, der gutgelaunte Bas-

sist Alex Blake behandelte seinen Kontrabaß gelegentlich wie eine E-Gitarre und Francisco Colon leistete mit seinen Perkussionsinstrumenten seinen unauffälligen Beitrag zu einem kompakten Backing.

Nikos Theodorakopulos