Fußballverlernte Jungs

■ FC St. Pauli: 0:0 gegen Waldhof Mannheim / Kein Mitleid mit dem Publikum: Das Spiel dauerte 90 Minuten / Gronau vergrützte Elfer

0:0 gegen Waldhof Mannheim / Kein Mitleid mit dem Publikum: Das Spiel dauerte 90 Minuten / Gronau vergrützte Elfer

Eine landläufige Meinung besagt, daß man das Fußballspielen ebensowenig verlernen könne wie die Kunst, auf Kufen zu gleiten oder auf einem zweirädrigen Gefährt Halt zu finden, um sich damit fortzubewegen. Was Hänschen nicht lernt, begreift Hans nimmermehr: Die These gilt natürlich auch umgekehrt. Indes: Jürgen Gronau, seit langem dem sportlichen Inventar des FC St. Pauli angehörend und einst Miglied der inzwischen legendären Erstligaformation, blamierte die alte Weisheit gestern nachmittag aufs nachdrücklichste.

Der Kickeroldie stolperte und

holperte über das Grün, als sei ihm nie etwas anderes als Greuel vorge-

kommen, angesichts der Zumutung, auf der Liberposition spielen zu müssen. Denn genau auf diesen Posten stellte ihn Trainer Seppo Eichkorn. Müde dirigierte er seine Mannen, offensichtlich auch voll Überdruß, nicht nur sich selbst, sondern zudem noch einen lahmarschigen Sauhaufen motivieren zu müssen. Nichts gelang gegen die Badener aus Mannheim, kein gefährlicher Torschuß, erst recht kein zählbarer Treffer. Die einzige Chance, die die Millerntorianer hatten, ein Elfmeter wegen waldhöferschen Handspiels, verspielte Gronau höchstselbst.

Eine qualifizierte Minderheit der 12000 Zuschauer murrte etwas von „aufhören, aufhören“, das Gros beschränkte sich freilich auf den viel peinlicheren Verzicht, jedwede Jubelgesänge anzustimmen. Eichkorn, am Montag abend auf der Jahresversammlung seines Vereins noch als Messias gefeiert, gab sich dennoch „nicht unzufrieden“.

Man wird bescheiden, so hart am Rande zur Oberliga, wo sich der zu Beginn der Saison quasi- amateurisierte SV Waldhof Mannheim angesiedelt sah und der FC St. Pauli inzwischen findet: „Ich glaube, diese Saison müssen wir uns mit einem blauen Auge begnügen. Hoffentlich gibts nicht noch einen zweiten Treffer auf die Augen“, äußerte sich ein Fan im Anschluß an den Alptraum, der bei einem Fahrradfahrer garantiert mit einem 50 Meter tiefen Sturz in irgendeinen Abgrund geendet hätte.

Bei Leuten wie Gronau, vor allem aber auch Pseudokämpfern vom Kaliber Knäbels, Olcks und nicht zuletzt Ottens' fällt die Pein zumindest finanziell ganz ordentlich aus. Wie sagte doch der kreativ- invalide Peter Knäbel, ein Spielmacher von sagenhaften Ungnaden: „Wir spielen hier nicht wegen Geld“. Der FC St. Pauli - Caritas für gefallene, will sagen: fußballverlernten Jungs? Arne Fohlin