Heimspiel im Schlachthof

■ Argile enttäuschte mit polyrhythmisch aufgepepptem Krautrock

Rund ein halbes Dutzend Mal ist die afro-fränkische Crossover- Combo „Argile & African Heat“ an allen möglichen Ecken Bremens aufgetreten, und inzwischen kann sie sich auf eine respektable Fangemeinde stützen. Im Schlachthof war sie vollzählig versammelt, man begrüßte die Band freundschaftlich - „alles klar, Dieter?“ - und ist ihr noch verbunden aus Tagen, als „Argile“ noch ein Trio war, sich der heimischen Tradition improvisierter Volksmusik besann, und in die Auftrittsräume kaum die Querflöte hineinpaßte.

Nun aber die Roots Night, immerhin, und das gar mit einem weiteren Plattendebüt im Gepäck. Keine Frage: Die Gruppe um den Nürnberger Flötisten Dieter Weberpals und den Sänger, Djembe- und N'Gony-Spieler Barry Sangare aus Mali liegt seit rund zwei Jahren im Aufwind.

Das ist erstaunlich. Denn gerade im Rahmen der Schlachthof- Reihe mit ihren zum Teil hochkarätigen Beispielen afrikanischer Folk- und Rockmusik - vor wenigen Wochen erst traten dort die erklärten „Argile“-Vorbilder „Farafina“ auf - wirkte ihre Mixtur aus Jazzrock und traditionellem afrikanischem Material fade, konstruiert und altmodisch.

Es gelang ihnen beispielsweise selten, Sangares Liedmaterial mit den ausufernden Jazzrockpassagen zu einer wirkungsvollen Einheit zu verbinden. Der Afrikaner war trotz seiner kraftvollen Stimme meist nur Wegbereiter für die überdehnten solistischen Eskapaden Weberpals' und des Gitarristen Robert Hoffmann, der mit minutenlangen Soundschwelgereien mehr nervte als faszinierte. Auch die Bogenharfe N'gony und das sporadisch von Weberpals eingesetzte Balafon war, von einem kurzen Solostück abgesehen, nicht mehr als schmückendes, folkloristisches Beiwerk. Stattdessen führte beinahe jeder Song geradewegs in die deutsche Kraut- und Jazzrockszene der 70er Jahre, und das trotz der vital treibenden Polyrhythmik.

Ihr sei gedankt: Das Ganze war wenigstens tanzbar, und die Gemeinde ließ sich denn auch nicht lumpen.

Rainer Köster