■ Bob Dylans Jubiläumskonzert mit 32 Weltstars
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New York (AP) – Bob Dylan hat wieder einmal Rockgeschichte geschrieben – oder besser: 32 Stars, die am Samstag mit einem Konzert dem 30. Jahrestag der ersten Schallplatte des Rockidols huldigten. Im mit fast 20.000 Zuschauern ausverkauften New Yorker Madison Square Garden und vor den Augen von Millionen Fernsehzuschauern kam es allerdings auch zu einem handfesten Skandal, als die Menge die irische Rocksängerin Sinead O'Connor ausbuhte.

Bob Dylan richtete – wie so oft bei seinen Konzerten – kein Wort an das Publikum. Er spielte aus seinem ersten Album den „Song for Woody“ – seine Hommage an den großen amerikanischen Protestsänger Woody Guthrie. Dies blieb seine einzige erkennbare Reaktion auf den Wirbel, der um ihn veranstaltet wurde. Die Gästeliste las sich wie ein Who's who der Rockmusik: Eric Clapton, George Harrison, John Mellencamp, Johnny Cash, Chrissie Hynde, Kris Kristofferson, Tom Petty, Neil Young, Stevie Wonder und andere mehr.

Sinead O'Connor wurde offenbar wegen ihrer Kritik an der katholischen Kirche – vor zwei Wochen hatte sie in einer Fernseh- Talk-Show ein Foto von Papst Johannes Paul II. zerrissen – mit einem Pfeifkonzert empfangen. Sie bat um Ruhe, doch der Sturm legte sich nicht. „Hau ab“, johlte es aus der Menge, andere schrien Obszönitäten. Reglos stand sie in dem Getöse, hielt ihre Band zweimal davon ab, mit dem Dylan-Stück „I Believe in You“ zu beginnen. Zornig sang sie statt dessen a cappella Bob Marleys „War“ – jenes Lied gegen Rassismus und katholische Kirche, daß sie auch bei ihrem Fernsehauftritt vorgetragen hatte.

Kris Kristofferson schloß die weinende Sängerin in die Arme und half ihr von der Bühne. Neil Young überspielte buchstäblich mit rockigen Versionen von „Just like Tom Thumb's Blues“ und „All Along the Watchtower“ die feindselige Atmosphäre und sorgte wieder für gute Stimmung.

Der inzwischen 51jährige Dylan spielte mit Petty, Harrison, Clapton, Roger McGuinn und Young „My Back Pages“. Alleine, sozusagen klassisch nur mit Westerngitarre und Mundharmonika begleitet, spielte er neben dem „Song for Woody“ auch „It's Allright Ma, I'm Only Bleeding“ und als Zugabe „Girl from the North Country“.

Auch die anderen ließen mit zum Teil faszinierenden Versionen Dylans künstlerisches Werk für sich sprechen oder wandten sich ans Publikum: „Einige von euch mögen ihn Bobby, einige von euch mögen ihn Zimmy nennen, aber ich nenne ihn Lucky“, sagte Harrison in Anspielung auf Dylans „Pseudonym“ bei der Supergruppe „Traveling Wilburys“.

Sinead O'Connor kehrte mit sämtlichen Künstlern des Abends zum Abschluß des Konzertes auf die Bühne zurück. Alle sangen „Knockin' on Heavens Door“.

Unmittelbar vor dem Konzert hatte Sinead O'Connor ihre Angriffe gegen die katholische Kirche erneuert. In einem New Yorker Rundfunksender sagte sie, der Katholizismus habe den Antisemitismus erfunden und sei deshalb auch für Hitler verantwortlich. Das Neue Testament sei eine Fälschung, und der kirchliche Antisemitismus gehe auf eine Weisung des Vatikans zurück, daß Juden für die Tötung von Jesus verantwortlich zu machen seien. Dazu gehöre, daß Jesus immer mit Lendenschurz dargestellt werde, um die Tatsache zu vertuschen, daß er als Jude beschnitten gewesen sei. Der kirchliche Einfluß habe zu einer orientierungslosen Kultur geführt, in der Menschen durch Angst kontrolliert und 96 Prozent der Kinder mißbraucht würden. Sie sagt von sich, sie sei in katholischer Tradition aufgewachsen und verachte die Kirche, glaube aber an Gott. Larry McShane