Unfall im AKW Biblis Reaktor bleibt am Netz

■ Schlosser durch austretenden Stickstoff getötet

Frankfurt/Main (taz) – In einem der ältesten Atommeiler der Republik kam es am Sonnabend zu einem folgenschweren Störfall: Bei einem Kontrollgang durch den Block B des AKW Biblis in Hessen starb ein 39jähriger Schlosser, weil durch eine Leckage im Leitungssystem Stickstoff ausgetreten war und einen Kontrollraum verseucht hatte. Nach Angaben der RWE- Betriebsleitung hätten erste Messungen nach dem Unfall ergeben, daß keine Radioaktivität freigesetzt worden sei. Der Schlosser, so erklärte die Betreibergesellschaft, sei an dem farb- und geruchlosen Stickstoff „vermutlich erstickt“.

Trotz der RWE-Angaben ordnete der hessische Umweltminister Joschka Fischer (Grüne) umgehend Umgebungsmessungen und eine genaue Untersuchung des Unfallhergangs an, wie der stellvertretende Regierungssprecher Georg Dick in einer ersten Stellungnahme erklärte. Am Sonntag lagen noch keine Endergebnisse der Radioaktivitätsmessungen der Aufsichtsbehörde vor. Laut Dick müsse zudem geklärt werden, was den Getöteten zum Betreten des Kontrollbereichs veranlaßt habe. Weiterhin sei bislang nicht bekannt, ob der Mann bei seinem Kontrollgang die Sicherheitsbestimmungen hinreichend beachtet habe.

Die Staatsanwaltschaft Darmstadt hat inzwischen die Obduktion der Leiche angeordnet. Der Block B des AKW Biblis, im Jahr 1976 fertiggestellt, wurde trotz des Unfalls nicht vom Netz genommen und bleibt weiter in Betrieb.

Der gasförmige Stickstoff wird in Biblis als Treibmittel für ein Meßsystem eingesetzt. Mit dem Stickstoff werden kleine Metallkugeln in den Reaktor gepreßt, an denen dann die Leistung des Reaktors abgelesen werden kann. Der Schlosser gehörte dem elfköpfigen Wochenend-Überwachungspersonal des B-Blocks an. Der Mann wurde von seien Kollegen erst nach Stunden tot in einer Metallschleuse gefunden. Kpk