Zwei auf einem Platz

■ Den 5300 neuen Uni-StudentInnen stehen schwere Jahre bevor

stehen schwere Jahre bevor

Gestern traten an der Hamburger Uni 5300 junge Leute einen neuen Lebensabschnitt an — ihr Studium. Grund genug für den Allgemeinen Studentenausschuß (Asta), zum wiederholten Male darauf hinzuweisen, daß es mit den Studienbedingungen überhaupt nicht zum besten steht. Allein seit 1980 ist die Zahl der Studierenden um 32 Prozent gestiegen, die finanziellen Mittel hingegen stagnierten. 1992 wurde der Wissenschaftsetat nicht einmal um die Inflation bereinigt. So kommt es denn, daß zwei Studenten sich einen Platz teilen.

Dem durchschnittlichen Hamburger Abiturienten (Note 2,6) stand in diesem Wintersemester sowieso nur ein Fach zur Verfügung: Tibetilogie. Vor allen übrigen steht der Nummerus Clausus. Doch damit nicht genug. „Immer mehr Fachbereiche führen interne NCs ein“, monierte der Asta-Referent Jan Greve. Wie die taz gestern berichtete, hat der Fachbereich Medizin in diesem Semester erstmals 75 Studierende aus einem studiumswichtigen Praktikum ausgegrenzt. Ähnliche Teilnehmerbeschränkungen werden nach Informationen des Asta nun auch bei den Biologen, bei den Politologen und am Zentralen Fremdspracheninstitut in Erwägung gezogen. Für Jan Greve „technokratische Lösungsmuster“, die von Professoren immer häufiger angestrebt würden, um mit der Überlast fertig zu werden.

Was den Erstsemestern in den nächsten Wochen schmerzlich bewußt werden wird: Vor allem in den Geisteswissenschaften sind viele Fächer schlicht und einfach kaum studierbar. Die Abbrecherquote in Soziologie beispielweise — einem Fachbereich, der mit die schlechteste Professorenversorgung hat — betrug 1990 57 Prozent. Das Fach „Allgemeine Sprachwissenschaft“ hat seit neuestem sogar gar keinen Professor mehr. Die entsprechende Stelle wurde zugunsten des Projektstudiums Gebärdensprache geopfert. Wie so oft wurde auch hier wieder ein neues ehrgeiziges Projekt aus dem bestehenden Stellenbestand finanziert.

Konkrete Forderungen mochten die Asta-Vertreter, die zum Teil ihre Vorlagen vom letzten Jahr wiederverwenden konnten, kaum stellen. Eine Aufhebung der Vakanz- Verpflichtung, die besagt, daß jede freiwerdende Stelle ein Jahr nicht besetzt werden darf, würde schon helfen. Die Stadt spart hier jährlich 14 Millionen Mark, einen vergleichsweise lächerlichen Betrag.

Doch nicht nur die Lernbedin-

1gungen, auch die Lebensbedingungen der Studenten sind schlecht.

Nur rund 16 Prozent bekommen BAFöG, fast zwei Drittel der Studierenden muß jobben. Das Durchschnittseinkommen von 1060 Mark liegt — legt man die üblichen Zimmermieten zugrunde — unter der Armutsgrenze. Rund 3000 der von außerhalb anreisenden Studenten sind auf Wohnungssuche. Für nur 6,3 Prozent hat Hamburg einen Wohnheimplatz zu bieten.

Von der garstigen Seite zeigt sich die Weltstadt Hamburg ausländischen Studierenden. Ein wichtiger Deutsch-Intensiv-Kurs wird nicht mehr angeboten. Studenten aus Nicht-EG-Staaten müssen sich im Gegensatz zu solchen aus EG- Ländern bei der Einreise einer amtsärztlichen Untersuchung unterziehen und dürfen hierzulande nicht mal jobben. Kaija Kutter