Förderung essen Frauen auf

■ „Und begrüßen wir die Herren vom Betriebsrat“ / Die unsichtbare Frau auf einer Fachtagung

„Frauenförderung“ — schon das Wort ist eine Mißgeburt: Es klingt nach Nachhilfeunterricht und „Extra-Leicht-Karrieren“ für leistungsschwache Frauen. Dabei kann von mangelnder Qualifikation bei Frauen keine Rede sein: „Wenn in den Betrieben tatsächlich das Leistungsprinzip gälte, hätten Frauen wirklich eine Chance“, meint Christa Lippmann, die Geschäftsführerin des Gesamtbetriebsrates von Messerschmitt-Bölkow-Blohm. Doch leider würden Posten immer noch „im kleinen Zirkel der Männerfreundschaften“ verschoben.

Das Thema Frauenförderung war der Bremer Angestelltenkammer eine ganztägige Fachtagung wert. Die Organisatorin Iris Bleyer-Rex wollte mit dieser Veranstaltung nicht nur Frauen aus Politik, öffentlichem Dienst, Gewerkschaften und Betrieben vernetzen, sondern auch den Kontakt zwischen Bremen und Niedersachsen stärken. Mit ihrem Bericht aus der rauhen MBB-Männerwelt setzte die Münchner Betriebsrätin einen düsteren Kontrapunkt zu den eher optimistisch gestimmten Vorträgen der Bremer Frauensenatorin Sabine Uhl und der Referentin des niedersächsischen Frauenministeriums Christa Karras über die Erfolge staatlicher Gleichstellungspolitik.

Das Klima hat sich verschlechtert, es geht ans Eingemachte

Aussicht auf Besserung sieht die Betriebsrätin nicht. Im Gegenteil. Seit der Vereinigung könnten sich die Betriebe wieder mit männlichen Arbeitskräften eindecken „und brauchen die Frauen nicht mehr“. Die hart erkämpfte Rückkehrgarantie für Frauen nach dem gesetzlichen dreijährigen Mutterschaftsurlaub habe keine rechtsverbindliche Gültigkeit. Mit Fallen und juristischen Spitzfindigkeiten werde Frauen in den Betrieben nun die Rückkehr in den Beruf verwehrt: „Die Frauen haben das übersehen, weil sie gutgläubig sind und meinen, sie leben in einer heilen Welt.“ Allein in München weiß Christa Lippmann von drei Frauen, die versuchen, ihr Recht auf Rückkehr an den alten Arbeitsplatz vor Gericht durchzusetzen.

Das Klima, stellt die Betriebsrätin fest, hat sich verschlechtert. „Im Grunde ist wieder alles so wie früher“: Die Fotos in den Werkzeitungen zeigten die sattsam bekannten Gruppenbilder ohne Dame. Überschrift: „Soziale Kompetenz für Führungskräfte“. Christa Lippmann selbst spürt es an einem kleinen, aber bezeichnenden Detail: Wie selbstverständlich würden neuerdings zu Beginn jeder Sitzung wieder nur die „Herren vom Betriebsrat“ begrüßt. Frauen würden herausdefiniert. Daß sie sich in ihrem Kampf um Frauenförderung nicht auf die Kollegen vom Betriebsrat verlassen kann, hat die Sicherheitsingenieurin erst spät begriffen.

Ein „Rollback“ für Frauen kann die hessische Gewerkschaftssekretärin Barbara Dürk dennoch nicht sehen. Gemeinsam mit ihren GewerkschaftskollegInnen kämpft sie derzeit um bessere Löhne für Frauen in Pflege- und Erziehungsberufen. Im öffentlichen Dienst sind Frauen vor allem in den unteren Lohngruppen zu finden, beweist die Gewerkschafterin per Statistik, während die gutdotierten BATII- und BATI-Stellen zu drei Vierteln mit Männern besetzt sind. Ihre besondere Qualifikation durch die Familienarbeit wird Frauen aberkannt, sagt Barbara Dürk, die in einer Gewerkschaftskampagne versucht, die Professionalität von Frauenberufen ins rechte Licht zu rücken und darum kämpft, daß Raumpflegerinnen als Fachfrauen anerkannt werden. Doch auch hier stoßen die Gewerkschafterinnen immer wieder auf Widerstand der Kollegen. Denn, so Iris Bleyer-Rex: „Der Verteilungskampf hat begonnen. Es geht ans Eingemachte.“

Diemut Roether