Keine Spuren eines Kampfes

■ Der Panzergeneral a.D. Gert Bastian erschoß seine Lebensgefährtin Petra Kelly und sich selbst

Bonn (taz) — Petra Kelly und Gerd Bastian sind tot. Am Montag abend fanden Verwandte die Leichen in deren Haus in Bonn-Tannenbusch. Wie die Bonner Polizei gestern nach der Obduktion mitteilte, hat Bastian seine Lebensgefährtin durch einen Schuß in die linke Schläfe getötet und anschließend sich selbst durch einen Schuß in den Kopf das Leben genommen. Kelly sei in ihrem Bett aufgefunden worden, Bastian im Flur vor dem Schlafzimmer, sagte der Leiter der Bonner Mordkommission, Hartmut Otto. Ob es sich um einen gemeinsam verabredeten Doppelselbstmord handelt, habe die Polizei bisher nicht mit Sicherheit feststellen können. Es sei auch „die Annahme zulässig“, daß Kelly von Bastian im Schlaf erschossen wurde. Eine Beteiligung dritter Personen könne aber „zuverlässig“ ausgeschlossen werden.

Hinweise auf Motive für die Tat habe die Polizei bisher nicht entdeckt, sagte Otto weiter. Weder habe man Abschiedsbriefe entdeckt noch andere Erklärungen. Auch Drohbriefe Dritter oder Spuren eines Kampfes seien nicht gefunden worden. Den Zeitpunkt der Tat konnte die Polizei nicht angeben: Er liege Tage oder auch Wochen zurück, sagte Otto. Die Ergebnisse der Gerichtsmedizin „korrespondieren“ nach seinen Worten in jedem Fall mit den Angaben von Bekannten und Nachbarn, die das Paar zuletzt am 1. Oktober gesehen und gesprochen haben wollen. Die Tatwaffe sei eine Pistole gewesen, die der Ex-General Bastian 1972 in München angemeldet hatte. Sie sei neben Bastians Leiche gefunden worden. Noch nicht abgeschlossen seien die Untersuchungen, ob die beiden unter Einfluß von Alkohol oder Medikamenten standen.

FreundInnen und KollegInnen reagierten auf die Erklärungen der Polizei überrascht. Selbstmordabsichten seien ihnen ebensowenig bekannt gewesen wie Spannungen zwischen Kelly und Bastian, hieß es übereinstimmend. Noch am 7. September hatte Heinz Suhr, der Pressesprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Grüne, mit Petra Kelly für den 3. Dezember ein Treffen mit der Fraktion vereinbart. Dem Fraktionsmitarbeiter Lukas Beckmann gegenüber erwähnte Kelly nach dessen Erinnerung noch Anfang Oktober in einem Telefonat ihre Absicht, für das Europaparlament zu kandidieren.

Der Bundesvorstand der Grünen hat mit Bestürzung auf den Tod der beiden früheren Bundestagsabgeordneten reagiert. In den vergangenen Wochen seien Kelly und Bastian „tief erschüttert“ über die Welle der rassistischen Gewalt gewesen. Erst im September habe sich Bastian in einem offenen Brief zu den anhaltenden Ausschreitungen gegen Ausländer geäußert.

Die Bundestagsgruppe Bündnis 90/ Grüne hob hervor, die beiden seien nicht nur Mitinitiatoren der weltweiten Umwelt- und Friedensbewegung gewesen, sondern auch blockübergreifende, grenzen- und ideologienüberschreitende Streiter für die unteilbaren Menschenrechte.

Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth würdigte die „Unbeugsamkeit“, mit der Kelly und Bastian „ihre politischen Vorstellungen in der von ihr mitbegründeten Partei vertraten“. Dies habe offenbar zu einem fast tragisch zu nennenden menschlichen Alleingelassensein geführt. Der SPD-Vorsitzende Engholm beklagte, die deutsche Politik verliere mit dem Tod Kellys und Bastians „zwei engagierte und unbeugsame Streiter für Frieden, Menschenrechte und Umweltschutz“. Sie hätten sich überall dort zu Wort gemeldet, „wo Unruhe und gewaltfreier Widerstand nötig waren“, und mit ihrer Unterstützung von Bürgerrechts- und Friedensgruppen im ehemaligen Ostblock „einen wichtigen Beitrag zum Zusammenbruch der dortigen Diktaturen geleistet“.

In einem Brief an die Grünen erinnerte der PDS-Vorsitzende Gregor Gysi Kellys und Bastians „unnachgiebiges Eintreten für ungeteilte und uneingeschränkte Menschenrechte sowie ihr ökologisches und pazifistisches Engagement“. hmt

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