: Räumungsklage: SAGA blamiert sich
■ Amtsgericht bewertet Räumungsklage gegen Elbfischer Heinz Oestmann als wenig aussichtsreich / Urteil am 2. Dezember
als wenig aussichtsreich / Urteil am 2.Dezember
Der „Störtebeker von Altenwerder“ gab sich vor seinem Auftritt im Amtsgericht Harburg gewohnt gelassen: „Reine Zeitverschwendung, dieses Gerichtsverfahren“. Heinz Oestmann dürfte damit recht behalten. Die Räumungsklage der SAGA gegen den Elbfischer, einen der letzten Bewohner des Hafenerweiterungsgebietes Altenwerder, dürfte in erster Instanz mit einer deftigen Schlappe für die städtische Wohnungsbaugesellschaft enden. Zwar wird das Harburger Gericht, vor dem sich gestern beide Parteien trafen, erst am 2. Dezember seinen Schiedsspruch fällen, doch der vorsitzende Richter Günter Wunsch ließ bereits durchblicken, daß für die SAGA-Klage kaum Aussicht auf Erfolg besteht.
Dem prozeßbevollmächtigten Mitarbeiter der SAGA-Rechtsabteilung teilte der Richter unverblümt mit: „Mit dem Räumungsanspruch wird das schon deswegen nichts, weil Sie ja das Haus weiter an Dritte vermieten wollen“. Dieses Ziel sei durch die jetzige Situation bereits erreicht, eine Räumungsklage also unbegründet. Der SAGA-Vertreter hatte zuvor mitgeteilt, daß das vom Abriß bedrohte Haus auch zukünftig bewohnt bleiben soll, neue Nutzer allerdings nur kurzfristige Mietverträge erhalten werden.
Kern des Streitpunkts: Zwischen dem Hausverwalter SAGA und Oestmann, dessen Mutter „unter erpresserischem Druck“ (Oestmann) das von Oestmanns Ur-Urgroßvater erbaute Haus am Dreikatendeich 1978 an die Stadt verkaufte, besteht kein schriftlicher Mietvertrag. Oestmann aber zahlt seit über 10 Jahren Miete an die stadteigene Gesellschaft, wird seitdem als Bewohner geduldet. Ebenfalls seit Jahren geduldet wird die Familie Soller, die einen Untermietvertag mit Oestmann besitzt und das untere Stockwerk des dreigeschossigen Baus bewohnt.
Zumindest diesen Teil des Hauses darf Oestmann aber nach Auffassung der SAGA weder selbst nutzen noch weitervermieten. Nach Angaben Oestmanns behauptet die Wohnungsgesellschaft nun, dem streitbaren Elbfischer sei lediglich gestattet worden, diese Räume zu betreten, um die Zentralheizung zu regulieren. Pech für die SAGA: Das Haus am Dreikatendeich hat überhaupt keine Zentralheizung, es wird ausschließlich Kohle verfeuert.
Für Oestmann-Anwalt Michael Günther ist die Klage gegen Oestmann der Versuch, „die Galionsfigur des Widerstandes gegen die Hafenerweiterung auf kaltem Wege zu vertreiben“. Oestmann, einer der Mitbegründer der „Bunten Liste“ und später Abgeordneter der 1
2GAL in der Bürgerschaft, kämpft seit Jahren gegen die Pläne, sein Heimatdorf mit modernen Container-Terminals zuzupflastern. Die meisten der einst 2000 Bewohner von Altenwerder wurden bereits in den 70er Jahren umgesiedelt, ihre Häuser abgerissen. Heute leben
1noch 35 Personen in dem ehemaligen Fischerdorf.
Das sich anbahnende Urteil kommentierte Oestmann spöttisch: „Der SAGA gelingt es durch dieses Verfahren, meine Mietrechte juristisch abzusichern“. Sein Anwalt Michael Günther teilte indes mit,
1er werde vor dem Bundesverfassungsgericht prüfen lassen, ob das Hafenerweiterungsgesetz, das Hamburg weitreichende Rechte bei der Vertreibung der im Erweiterungsgebiet lebenden Bewohner einräumt, verfassungskonform sei. Marco Carini
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