Die Blinkerin

■ Marta Hansla, Großmeisterin der flinken Finger und eine der dienstältesten SchaustellerInnen

Die Blinkerin

Marta Hansla, Großmeisterin der flinken Finger und eine der dienstältesten SchaustellerInnen

Foto: Katja Heddinga

“Hübsch heute wieder!“ Die Blicke folgen dem Fräulein im Mini. „Ein Spielchen wagen!“, tönt die volle, warme Stimme. Marta Hansla, Schaustellerin auf dem Bremer Freimarkt, wirbt um Kundschaft.

Seit 35 Jahren betreibt sie ihr Geschäft, den Blinker. Inge, Else, Fritz und noch drei andere flitzen bei ihr auf einer runden Glasscheibe im Kreis. Nein, das täuscht. Nur der Lichtkegel rotiert, von unten werden Namenszüge angeleuchtet. Bei Inge blitzt der Strahl und steht. „Inge bringt mir Glück!“, zufrieden streicht die alte Dame neben mir den Chip ein. Und schon geht's weiter. Die Groschen klirren, der Blinker läuft.

So geht das, seit sie ihr Geschäft begonnen hat. Der Platzwart war begeistert, „endlich ein Blinker!“, und seitdem ist sie dabei. Am Anfang noch mit ihrem Mann, der das erste Blinker-Modell selbst baute. 1957, nach

oberschlesischem Vorbild: eine Scheibe aus Holz, darauf die Namen, plaziert zwischen Preisen.

Marta Hansla kam über die Familie ihres Mannes zur Schaustellerei, die ihr heute viel bedeutet. Zwischen März und Dezember ist Saison, von mittags bis spät in die Nacht ist Marta Hansla dann auf den Beinen. Am besten ist die Stimmung im Herbst. Im Sommer ist es oft zu heiß, wenn überhaupt Leute kommen, dann spät in der Nacht.

Ihr selbst aber ist jede Saison lieb. „Mit Lust und Liebe mache ich das, mit Leib und Seele. Und mit Ausdauer, davon braucht man viel“. Woher sie die kriegt? „Vom lieben Gott“.

Auch an weltlicher Unterstützung mangelt es nicht. „Tante Marta“ wird sie auf dem Freimarkt liebevoll genannt und sie fühlt sich aufgehoben wie in einer großen Familie. In der ist die eigene Familie auch vertreten. Verschiedene Stände gehören

dem Hansla-Clan, und die Enkelin unterstützt sie am Stand. „Aber auf-und abbauen, das mache ich noch selbst“. „Bei uns machen die Männer nichts“, setzt die Enkelin dazu, „höchstens anfahren“.

Marta Hansla beginnt den Tag gerne früh. Morgens um sechs ist sie schon auf den Beinen, dabei ist der Stand werktags bis 23 Uhr geöffnet. Bevor die Arbeit um 1 Uhr beginnt, besorgt sie Ware, sortiert Preise und räumt auf. Wertvolle Gewinne gibt es nicht. Stattdessen viele süße Kleinigkeiten. Denn, immerhin: „Von sechs Einsätzen gewinnt immer einer! Bei so einem kleinen Einsatz! Für einen Groschen, wo gibt es das noch?“ Vielleicht gab es früher mehr Schokolädchen, die von Trumpf, das haben die Leute gerne gemocht. Heute erwartet die Kundschaft mehr.

Der Versuch, vor ein paar Jahren die Preise zu erhöhen, scheiterte. Es blieb beim Zehner. Für betagte Kundinnen ein Genuß „wie früher“ und für die Kinder ein billiges Vergnügen. Neben ihrer Fleischerei reicht es auch so zum Leben. „Schnell muß man sein, das ist es!“

Schnell, das ist „Tante Marta“, flink mit den Händen, und mit wachsamen Augen behält sie alles im Blick. Sie wünscht sich, daß das so bleibt. Solange sie gesund ist, will sie zum Freimarkt kommen. „Was soll ich zuhause, hier ist mein Leben“. Das versichert sie auch ihren KundInnen, die jedes Jahr fragen, ob sie denn wiederkommt. Ihre Enkelin soll das Geschäft später mal weiterführen. Das liegt der 70 jährigen am Herzen. Die Enkelin nickt, natürlich will sie, sie ist doch von klein auf dabei! Eva Rhode