Auf zum letzten Konzept

■ Wie das Ernst-Waldau-Theater sich selber erübrigt

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„Ernst-Waldau-Theater“

Schon lang belagert die Kulturbehörde erfolglos „diesen Fuchsbau“ (Staatsrat Schwandner). Vor drei Wochen aber ist ihr letztes Ultimatum abgelaufen, und das Ernst-Waldau-Theater, zum evtl. allerletzten Mal gefragt, wie es mit ihm weitergehen solle, hat in der Not ein Papier herausgereicht, welches die Behörde sogleich als überaus geheim annektierte; jetzt, da uns aus noch geheimeren Kreisen eine Kopie zugeflattert ist, kann man ungefähr ersehen, warum. Das gebeutelte Theater, dem seit langem die Zuschauer davonlaufen, hat keine Idee mehr außer der einen, aber auf acht Seiten: Weiter so! Bloß besser, wahrer, schöner, schneller, höher und weiter!

Also weiterhin Plattes und Hochdeutsches gemischt, aber durchaus Missingsch dazu. Mehr Gastspiele, noch besser: viel mehr Gastspiele von auswärts. Von Einheimischen aber schon auch. Liedermacher. Kindertheater sowieso. Und vieles soll bleiben, selbst das „Theater im Keller“, aber ruhig besser werden. Alles muß überhaupt „weiterhin konsequent“. Und „auch in Zukunft nicht verzichten können“. Muß „inhaltlich und technisch aufpoliert“, hat aber „nicht nachgelassen“. Muß deshalb „sein und bleiben“.

Das heißt, jetzt wird es womöglich turbulent. Die Kulturbehörde hat dem Theater längst das Geld gesperrt, um einen überzeugenden Vorschlag zur Lösung seiner Dauerkrise zu erzwingen. Mit dem vorliegenden aber hat das Theater wohl sein Los besiegelt. „Dem würd ich so heftig nicht widersprechen“, sagt Staatsrat Schwandner auf Anfrage. „Das ist wie in der Schule: Wenn jemand die Hälfte der Aufgaben gar nicht erledigt und von den übrigen vier gleich drei falsch macht, dann gibt das eben ein Ungenügend.“

Dabei hat der Text seine Schönheiten, vor allem in der „Introduktion“, aus der es wallt wie folgt: „Theater ist sicherlich die menschlichste der Künste. Und im Schauspieler ist wohl das Geheimnis des Theaters am größten, seine Größe am geheimsten.“ Das ist nichts als wahr. Seit der bisherige Trägerverein, bestehend vor allem aus Schauspielern, in mehrere Fraktionen zerfallen ist, ist seine Geschichte ein Hin und Her von Putschen. Und über all dem Dampf thront immer noch, obwohl ihrerseits gnadenlos umstritten, die Theaterleitung, nicht zuletzt weil sie im wirklichen Theater die Rollen vergibt. So kommt es wohl auch, daß im neuen Konzept, unterzeichnet vom bislang letzten obsiegenden Putschisten, dem neuen Vereinsvorsitzenden Jo Hanns Müller, von personeller Erneuerung keine Rede ist. Will aber auch die Kulturbehörde die alte Leitung als neue billigen? „Nein“, sagt Schwandner.

Das Gehakel zu komplettieren, hat sich nunmehr aber auch noch der neue „Freundeskreis“ des Theaters eingeschaltet, namentlich die Honoratioren unserer kleinen Stadt von Friedrich „Sparkasse“ Rebers bis Heinz „Stadthalle“ Seesing. Diese „ehrenwerte Gesellschaft“ (Schwandner) hat sich sogleich in mehrere rettende Ausschüsse aufgeteilt; einer hat ein wirtschaftliches Konzept ausgeheckt und dem künstlerischen beigeheftet, dessen Grundgedanken schon oben erörtert worden sind.

Auch das wirtschaftliche flößt dem Laien nicht eben Vertrauen ein: Wie von der Behörde geheißen, soll nun eine GmbH, aber bestehend wohlweislich aus Freundeskreis und Trägerverein, das Theater betreiben und erst einmal statt den Besucherzahlen die Preise erhöhen: fürs Abo ein bißchen, fürs Einzelkärtchen sehr. Und weil dann die Rechnung immer noch nicht aufgeht, hat man den Wertverlust der riesigen Immobilie lieber gar nicht eingerechnet: ihn büßt im Stillen der Trägerverein ab, der im übrigen von seiner GmbH auch keine Miete für den Kasten kriegt. Was rettet ihn dann vor dem Konkurs? Nun ja, die „Verpachtung der Säle und des Gastronomiebereichs“ soll ihn, so Gott will, wenigstens befähigen, seinen „Schuldendienst in eingeschränktem Umfang zu erfüllen“, also vor sich her zu schieben. Das nennt man das Prinzip der „Bugwelle“, mal geht es gut, mal schwappt sie über.

Noch sitzen aushäusige Gutachter über den Papieren. Bis zum 5. November sollen sie mit ihrem Befund niederkommen. Manfred Dworschak