Das Symbol der Weisheit

■ Der 1. FC Kaiserslautern demonstriert im UEFA-Cup gegen Sheffield Wednesday seine Heimstärke und gewinnt 3:1

Kaiserslautern (taz) – Der verletzte Stefan Kuntz symbolisierte den derzeitigen Zustand des 1. FC Kaiserslautern, der in der Bundesliga seinem Saisonziel UEFA- Cup-Platz Woche für Woche hinterherhinkt: Er kam auf Krücken ins Stadion. Auch US-Nationalspieler Thomas Dooley erschien statt in teuflischem Rot in Bluejeans und schlich sich auf die Tribüne. Was den FCK derzeit noch voller Hoffnung im Mittelfeld der Bundesligatabelle hält, ist allein seine Heimstärke im Fritz-Walter- Stadion, das im UEFA-Cup-Hinspiel gegen Sheffield Wednesday starke Zuschauerlücken zeigte. Nur 20.802 wollten dabei sein gegen die Blau-Weißen aus Hillsborough, jenem Ort, der beim Pokalhalbfinale zwischen dem FC Liverpool und Nottingham Forest traurige Fußballgeschichte schrieb.

Die „Owls“ aus der Geburtsstadt des Joe Cocker zeigten keinerlei Respekt vor der Atmosphäre auf dem Betzenberg, der seit dem 2:3 gegen Borussia Mönchengladbach am 8. Juni 1991 unbezwungen ist. Nach fünf Minuten flankte Chris Waddle auf David Hirst, dessen angeschnittener Kopfball für Gerry Ehrmann unerreichbar war – 0:1. Die meisten Journalisten waren noch mit ihren Notizen beschäftigt, als im direkten Gegenzug Marcel Witeczek am oder im Strafraum von den Beinen geholt wurde. „The penalty was outside the penalty-box“, kommentierte Wednesday-Coach Trevor Francis später. Wolfgang Funkel machte sich darüber wenig Gedanken und verwandelte den Elfmeter zum 1:1.

In der Folge entwickelte sich ein interessantes und flottes Spiel mit vielen Torchancen auf beiden Seiten. Bei Wednesday überzeugten vor allem die aktuellen Nationalspieler Carlton Palmer und David Hirst. Hirst hätte zum Matchwinner werden können, aber in der 43. Minute wurde er zum Loser des Abends. Bei einem Zweikampf trat er Marco Haber in die Wade und sah dafür die rote Karte.

Seine derben Worttiraden beim Abgang in Richtung Lauterer Bank machten den 1. FCK in der zweiten Halbzeit so richtig heiß. In der 51.Minute paßte Demir Hotic auf Marcus Marin, der Chris Woods zum 2:1 überlistete. Eine Minute später setzte sich Marcel Witeczek gegen Viv Anderson durch und versetzte den Nationalkeeper erneut. Von da an gestalteten die Pfälzer ihr Zusammenspiel so harmonisch, daß den englischen Reportern ringsum angst und bange wurde, ihre Stimmen immer aufgeregter vom drohenden Unheil in die englischen Living Rooms drangen. Doch dann erschrak der FCK vor seiner eigenen Courage, wurde nervös und vergab beste Gelegenheiten, sich einen beruhigenden Vorsprung für das Rückspiel am 4.November zu verschaffen. Hotic und Vogel scheiterten an Woods, Haber schoß vorbei, und auch Goldbaek blieb sein finales Erfolgserlebnis in der 89.Minute versagt.

Auf der Gegenseite hätte der Stärkste der „Eulen“, Carlton Palmer, das 2:3 machen müssen. Zuerst scheiterte er an Ehrmann, dann schoß er unbedrängt und frei vor Lauterns Tor den Ball in den englischen Fan-Block. „Ich bin sicher, daß wir in Hillsborough gewinnen werden“, verbreitete Trevor Francis hinterher Optimismus, während seine Spieler beim Bier dem Treiben von Celtic Glasgow gegen Borussia Dortmund folgten. Sie müssen sich in zwei Wochen allerdings darauf besinnen, daß die „Owl“ ein Symbol für Weisheit ist, Elfmeter und rote Karten vermeiden. Nur so sind Rote Teufel zu bezwingen, die der weisen Eule zuletzt in Liverpool (0:1) und jetzt in Kaiserslautern (1:3) gar nicht wohlgesonnen waren. Günter Rohrbacher-List

Sheffield Wednesday: Woods - Harkes, Pearson, Anderson, Worthington - Waddle, Wilson, Palmer, Hyde (61. Bart-Williams) - Hirst, Warhurst (81. Watson)

Zuschauer: 20.802; Tore: 0:1 Hirst (5.), 1:1 Funkel (7. Foulelfmeter), 2:1 Marin (51.), 3:1 Witeczek (53.)

Rote Karte: Hirst (42.) wegen Tätlichkeit

1. FC Kaiserslautern: Ehrmann - Kadlec - Ritter, Funkel - Schäfer, Goldbaek, Hotic, Haber, Wagner - Witeczek, Marin (61. Vogel)