Kein Grund, das Grundgesetz zu ändern-betr.: "Auf Kosten der Opfer" (Das bequemste Friedensengagement im bosnischen Krieg) von Dieter Weiser, taz vom 14.10.92

Betr.: „Auf Kosten der Opfer“ (Das bequeme Friedensengagement im bosnischen Krieg) von Dieter Weiser, taz vom 14.10.92

Dieter Weiser behauptet, daß es leider Situationen gibt, in denen Gewalt angewandt werden muß, damit die Konflikte gelöst werden können, zum Beispiel die Besiegung von Hitler-Deutschland. Wenn man es immer zu solchen Situationen kommen läßt, dann stimmt das auch. [...]

Auch wenn es Dieter Weiser vielleicht anders sieht, die Situation in Bosnien ist verworren, die Situation ist anders als im Golfkrieg, wo der Frontverlauf klar war. In Bosnien kann jeder, der ein Gewehr trägt, ein Soldat sein. Der Frontverlauf kann sich innerhalb von Stunden ändern, ein militärischer Einsatz könnte unberechenbare Folgen haben. Vielleicht ist das nun wirklich eine Situation, in der nur Gewalt hilft. Das kotzt mich an, aber wenn das so weiter geht und das Embargo und andere nichtmilitärische Maßnahmen nicht greifen, muß man wohl zum letzten Mittel greifen. Wer will das den Bosniern verübeln?

Aber der Krieg in Bosnien ist trotzdem kein Grund, jetzt das Grundgesetz zu ändern, um deutsche Blauhelme zu haben. Genügt es nicht, daß schon deutsche Waffen in aller Welt morden? Hans-Georg Schulz, DFG-VK, Kiel

[...] Das, was gesagt werden müßte, sprengt den Rahmen eines Leserbriefs. Also fordere ich alle Interessierten auf, sich die Stellungnahmen selbst zu besorgen und sich damit auseinanderzusetzen.

Die BAG hat nämlich versucht, Ansätze für eine nichtmilitärische Konfliktlösungs-Außenpolitik für das ehemalige Jugoslawien zu entwickeln. Wir sind dabei davon ausgegangen, daß es bei einer Friedenspolitik gegenüber der komplexen und sensiblen Konfliktstruktur auf dem Balkan mehr bedarf als populistischer Polemik, die nicht mehr als ein Zugeständnis an die militärischen „Hau drauf und Schluß“-Wünsche einfacher Gemüter ist. Eine Deeskalation oder einen Lösungsansatz bringt das nicht. Und das nicht etwa, weil wir meinten, daß militärische Mittel prinzipiell immer mehr schaden als nutzen, sondern wegen der komplizierten und heiklen Gemengelagen, speziell in Ex-Jugoslawien und dem Balkan. Die muß mensch aber erst mal kapieren. Hans-Peter Hubert, Berlin