Unterm Strich

Gilbert („100.000 Volt“) Becaud, der Chansonnier, der selbst die Dicke Wirtin mit „Nathalie“ zum Schmunzeln brachte, feiert in Paris seinen 65. Geburtstag mit Pomp und Getös. Als ein Kind der 50er Jahre trat er stets im stahlblauen Anzug auf; die mediterran-ungestümen Gesten stammten von Marcel Marceau. Schon damals wußte er: „L'important, c'est la rose“. Becaud, der aus verständlichen Gründen nicht länger Francois Leopold Silly heißen wollte, erhielt 1973 das Bundesverdienstkreuz für seine akustischen Bemühungen um das deutsch-französische Verhältnis. Entdeckt und früh gefördert hat ihn niemand Geringeres als Edith Piaf, die ihn als Pianisten im Paris der späten 40erJahre durch Bistros und Nachtbars tingeln sah. Nun arbeitet er mit mindestens einer Million Volt an seinem Comeback.

Hätten Sie's gedacht? Die beliebtesten Filme der vergangenen Woche waren „1492 – Eroberung des Paradieses“, dicht gefolgt vom geläuterten Eddie Murphy in „Boomerang“ und dem Gemüse-Promo „Grüne Tomaten“.

In ein scharzes Loch fällt jetzt, was immer von der Ost-Berliner Akademie der Wissenschaften noch übrig ist, weil nämlich die Verträge zwischen Auflösung und Neugründung von den sechs beteiligten Ländern unterzeichnet werden müssen, und die stehen bisher noch aus. Die 46 Ost-Mitglieder fallen damit völlig unter den Tisch.

Das Berliner Ensemble, die letzte Bastion der guten alten Zeit, eröffnet ihre Saison mit Gerhart Hauptmanns „Vor Sonnenaufgang“. Ins Haus stehen auch Hochhuth, Horvath, und Schwab. Heiner Müller übernimmt, wie gehabt, „Den Fatzer“. Warum ausgerechnet Einar Schleef Hochhuths „Wessis von Weimar“ übernehmen muß, ist uns ein Rätsel. Das Ensemble ist durch erhebliche Kündigungen abgespeckt. Ekkehard Schall, ein Schwiegersohn Brechts, von bösen Zungen häufig als Teil der machtvollen „Brecht- Mafia“ bezeichnet, hat die Rechte an den Stücken und ist vom Berliner Ensemble zu den Staatlichen Schauspielbühnen gewechselt.

Im Columbusjahr, wo sich kaum einer daran erinnert, daß es schließlich die Wikinger waren, die lange vor Christobal Colon in Amerika landeten, ging der Weltumsegler Burghard Pliske mit der „Viking Saga“ auf große Fahrt nach Island, Grönland bis nach Amerika. Er wird im November im Berliner Lustgarten vor dem alten Museum vor Anker gehen.

Endlich kommt die Bremer Shakespeare Company nach Berlin. Eröffnungspremiere ist am 6. November mit „Macbeth“.

Ein Kindermusical, das zur Zeit im Friedrichstadtpalast gegeben wird, trägt den vielsagenden Titel „Wohin mit dem Gespenst“. Wir gehen einmal davon aus, daß es sich dabei nicht um jenes Gespenst handelt, das einst umging in Europa...