Drache faucht kleinen Tiger an

■ Pekinger Zorn über Demokratievorstellungen in Hongkong

Berlin (taz) – Unverhüllt erbost zeigte sich die Pekinger Regierung, als ihr der Hongkonger Gouverneur Chris Patten am Mittwoch seine Vorstellungen von Demokratie in der Kolonie vortrug. Nach seinem sechsstündigen Gespräch mit dem für Hongkong und Macao zuständigen chinesischen Politiker Lu Ping erklärte Patten, man habe ihm deutlich gemacht, daß China zu keinem Zugeständnis bereit sei.

Patten ist der voraussichtlich letzte von Großbritannien eingesetzte Gouverneur Hongkongs, bevor es im Jahr 1997 an China zurückgegeben wird. Schon bei seinem Amtsantritt in diesem Jahr hatte er erklärt, er werde mit der Regierung in Peking Tacheles reden. Er werde darauf drängen, daß China sein Versprechen, das es mit der Unterzeichnung der „Gemeinsamen Erklärung“ über die Rückkehr des Territoriums im Jahr 1984 gegeben habe, einhalte.

In dieser Erklärung war festgelegt worden, daß Hongkong sich fünfzig Jahre selbst regieren kann – durch Politiker, die aus dem Territorium selbst stammen, und nicht durch von Peking entsandte Funktionäre. Doch bald wurde deutlich, daß China nicht gewillt war, das Entstehen eines demokratischen Systems in Hongkong zu akzeptieren, in dem die lokale Führung allgemein und frei gewählt würde. Weniger als ein Drittel der Mitglieder im Hongkonger „Parlament“, dem Legislativrat, haben ihren Sitz bislang durch allgemeine Wahlen errungen. Am 14. Oktober hatte Patten seine Absicht, das Gewicht dieser Institution zu stärken, vom Legislativrat absegnen lassen.

Spätestens seit diesem Schritt Pattens läuft eine heftige Kampagne in den chinesischen Medien gegen den Gouverneur: Er habe, hieß es in einer Peking-freundlichen Hongkonger Zeitschrift, „einen großen Felsbrocken aufgehoben, der ihm auf den eigenen Fuß fallen wird“. Jutta Lietsch