Die DVU sahnt ab und schweigt

■ Studie über die Rechtsradikalen in der Bremer Bürgerschaft

Bremen (taz) – Vor gut einem Jahr ist die DVU in Fraktionsstärke in die bremische Bürgerschaft eingezogen, zum ersten Mal in ein bundesdeutsches Parlament. In diesem ersten Jahr ist sie immer wieder in die Schlagzeilen gekommen: Mit platten Sprüchen und Hetztiraden im Plenum, mit Mätzchen wie zerrissenen Senatsantworten oder durch Affären um Fraktionsgelder. Die Grünen in der Bürgerschaft haben das erste Jahr der DVU im Parlament untersuchen lassen. Der Befund der Studie ist eindeutig: Die DVU zockt ab, wo immer es geht und sie mißbraucht das Parlament. Die Abgeordneten verweigern schlicht die Arbeit.

Aus der Münchner Parteizentrale des rechten Großmoguls Gerhard Frey scheint die Parole ausgegangen zu sein, daß sich seine Bremer Getreuen um alles in der Welt nicht um die inhaltliche Arbeit eines Parlaments kümmern sollen. Die DVU-Abgeordneten beschränken sich allein auf Fensterreden, und was für welche. Es spricht die „Volksopposition, die ausschließlich die Interessen derer vertritt, die Sie im Stich gelassen haben, und das werden immer mehr“, sagte der DVU-Abgeordneten Weidenbach. Und seine Kollegin und Fraktionsvorsitzende Marion Blohm: „Am wichtigsten aber wäre es, das ganze Gesindel hinauszuschmeißen, das sich bei uns breit macht.“

Die Propagandareden funktionieren immer nach zwei schlichten Mustern: Wir da unten gegen Euch da oben und alles ist so schlimm, weil so viele Ausländer da sind. Noch ein bißchen D-Mark-Patriotismus und Ablehnung der Maastrichter Verträge, ein wenig altbackene Nationalkekse, wie bei dem Antrag „Ewig büßen wegen Hitler?“, aber dann ist Schluß. Es gibt kein Sachthema, zu dem die DVU geredet hätte: Wirtschaft, Umwelt, Verkehr, Finanzen – Fehlanzeige. Einmal hat der Abgeordnete Blohm eine Rede zum Thema „Verrat an der D-Mark“ gehalten. Hinterher stellte sich heraus, daß er einen Artikel aus der Deutschen Wochenzeitung vorgelesen hat, dem Schwesterblatt der Nationalzeitung.

In den Deputationen, einer bremischen Besonderheit, die mit den Ausschüssen anderer Parlamente vergleichbar sind, glänzen die DVU-Mitglieder zur Hälfte durch Abwesenheit. Dort also, wo die parlamentarische Arbeit losgeht, wo Inhalte und nicht nur platte Agitprop gefragt sind, verweigern sich die Rechten. In allen Deputationen ergibt sich dasselbe Bild: Entweder sie sind nicht da, oder sie sagen nichts, sie fragen nichts, sie bringen keine eigenen Papiere ein. Dazu kommt, daß die DVU die Hälfte ihrer Deputationsmandate mit Mitgliedern besetzt hat, die nicht im Parlament sitzen. Auf diese bequeme Art können sich die DVUler ein nettes Zubrot verdienen. Jede Deputierte bekommt pauschal 695 Mark pro Monat und dazu 30 Mark Sitzungsgeld.

Sie arbeiten nicht, sie reden nur. Selbst die Anträge werden aus München gefaxt und ins Parlament eingebracht, manchmal ohne daß die Fraktion darüber gesprochen hätte. Und über ein Jahr lang hat die DVU versucht, Fraktionsgelder zu bekommen, ohne daß sie dafür auch nur den minimalsten Gegenwert vorzuweisen hatte. Nachdem bekannt geworden war, daß die DVU keinerlei Anstalten machte, von den monatlichen 57.000 Mark aus der Staatskasse auch nur eine Fraktionsgeschäftsstelle zu eröffnen, sperrte die Bürgerschaftsverwaltung im Frühjahr weitere Zahlungen. Dazu kam, daß die DVU-Fraktion versucht hatte, durch halbseitige Anzeigen in den Frey-Blättern wenigstens einen Teil der horrenden Wahlkampfkosten des großen Vorsitzenden durch die kalte Küche zurückzuerstatten. Der hatte schon Sven Eggers, den Chefredakteur der Deutschen Wochenzeitung, zum Fraktionsgeschäftsführer gemacht. Nach der zweiten Gerichtsinstanz hat die DVU nachgeben müssen: Die Anzeigengelder sind zurückerstattet und ein Büro eröffnet, wenigstens für einige Stunden in der Woche. Jochen Grabler