Deutsches Gift in Rumänien

■ Lecke Fässer gefährden Trinkwasser

Hermannstadt/Rumänien (AP)

600 Tonnen Giftmüll aus Deutschland versetzen Siebenbürgen in Angst und Wut. Die rostenden Fässer, teilweise geplatzten Flaschen und aufgerissenen Papiersäcke mit Aufdrucken wie „Bayer“, „VEB-Chemiekombinat Bitterfeld“ oder „VEB Elaskon Dresden“ wurden von November 1991 bis März dieses Jahres in verlassenen Bauernhöfen und Lagerhallen für Gemüse gestapelt und zum Teil als Pflanzenschutzmittel verhökert. Obwohl der deutsche Botschafter in Bukarest versicherte, die Umweltministerkonferenz habe am 14.September definitiv zugesagt, das Gift auf deutsche Kosten zurückzunehmen, sickert nach wie vor undefinierbares, rotes Zeug aus undichten Tonnen in den Boden der Dörfer, wo in 70 Zentimeter Tiefe das Grundwasser steht.

Greenpeace hat den Skandal aufgedeckt. Inzwischen ist ein Dossier erstellt, wo wieviele Tonnen lagern. Insgesamt 600 Tonnen sind verzeichnet. „Greenpeace kennt die deutschen Transportpapiere und spricht von 2.000 Tonnen. Wo ist also der Rest?“ fragt der Vizechef des Kreisrates von Hermannstadt, Nicolae Cosma. Vergangene Woche machte Bürgermeister Balanel zusammen mit seinem Polizeichef Teodor Coman wieder einmal einen Kontrollgang. Im Lager von Reußmarkt verschlägt es beiden fast die Sprache: Es fehlten drei Paletten mit zusammen zwölf Stahlfässern. „Der Verkauf geht also weiter, trotz amtlicher Schließung der Lager.“

Balanel berichtet, der Giftmüll werde an ahnungslose Bauern und Kooperativen als Pflanzenschutzmittel weiterverkauft. „In einigen Tonnen wurde Dioxin nachgewiesen“, fügt er an. Besonders erschreckt habe ihn aber das alte DDR-Herbizid Trizilin aus Bitterfeld, das sich bei über 21 Grad selbst entzünden könne. Balanel sagt: „Wir haben gar nicht so viele Lastwagen, um bei Feuer die Bevölkerung zu evakuieren.“

Die Chefs der in den Deal verwickelten rumänischen Firmen Montana und Pine Park sind keine unbeschriebenen Blätter: Der eine sitzt bereits wegen Mißbrauchs einer Importlizenz drei Monate in Haft; die anderen wurden nach einem Bericht der Zeitung Tribuna von der Justiz als ehemalige Offiziere der Securitate enttarnt. Sie sind auf freiem Fuß. Frieder Reimold