Wulff wäre 'Glücksfall für Niedersachsens CDU'

■ Der 33jährige CDU-Mann soll 1994 gegen Schröder antreten / Bonner CDU steht nicht hinter Gansäuer

Anfang der 80er Jahre veranstaltete die CDU in Hamburg einen „Jugend-Parteitag“. Außerhalb der üblichen Delegierten- Versammlungen sollten jüngere Leute zu Wort kommen, teilweise sogar „Nichtparteimitglieder“. Rhetorisch und auch inhaltlich schärfster Kritiker der selbstgefälligen CDU damals: der Jura-Student Christian Wulff aus Osnabrück.

Der junge Mann, der Jahre vorher als Bundesvorsitzender der Schülerunion aufgefallen war, wurde damals schon CDU- intern zum Politiker ausgebildet. Bildungsreisen in die USA gehörten genauso dazu wie Seminare im kleinen Kreis mit CDU- Prominenten. Der heute 33jährige Wulff wurde Landesvorsitzender der Jungen Union Niedersachsens, nach dem Examen Fraktionsvorsitzender der Ratsfraktion Osnabrück und Vorsitzender des Bezirksverbandes Osnabrück-Emsland der CDU.

Als in den vergangenen Wochen deutlich wurde, daß der amtierende Vorsitzende der CDU- Fraktion im niedersächsischen Landtag, Jürgen Gansäuer (48), nicht recht 1994 gegen Gerhard Schröder antreten will und auch die Bonner Prominenz (Innenminister Rudolf Seiters und Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth) endgültig abwinkten, da kam das Gespräch schnell auf Wulff. Nach kürzem Zögern hatte es sich Wulff am Samstag überlegt: Er habe mit Helmut Kohl über seine Kandidatur gesprochen, berichtete er, und der CDU-Bundesvorsitzende habe „nicht abgeraten“.

Niedersächsische CDU-Landespolitiker waren irritiert. Sie könnten sich nicht vorstellen, daß der Bundeskanzler in dieser Angelegenheit einen so jungen Politiker wie Wulff „Kraft seines Amtes voll unterstütze“. Doch auch der CDU-Landesvorsitzende Stock favorisiert den Kandidat Wulff, angeblich auch die Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth und Bundesinnenminister Rudolf Seiters.

Der Junge-Union-Landesvorsitzende Eckart von Klaeden bezeichnete Wulff als einen „echten Glücksfall für die Niedersachsen-CDU“. Der Osnabrücker CDU-Politiker habe durch die Leitung der Kommissionen der Niedersachsen-CDU zur Orientierungsstufe und kürzlich zur Ausländerpolitik bewiesen, „daß er die Partei in schwierigen Fragen zusammenführen kann“, konterte Eckart Bemerkungen über Wulffs mangelde Erfahrung in der Landespolitik.

Auch die Schüler Union (SU) Niedersachsen hat sich einstimmig hinter den Vorschlag von Stock gestellt und versichert: „Christian Wulff ist unser Spitzenkandidat! Wulff sei eine Vertrauensperson, „die der Politikverdrossenheit mit seinem Wesen und seiner Art, Politik zu betreiben, entgegentreten wird“. Der Braunschweiger Landesverband erklärte, mit Wulff würden nicht nur Zeichen für eine personelle Verjüngung in der Niedersachsen-CDU gesetzt, sondern auch eine zukunftsgewandte Politik für das Land in Angriff genommen. Der Fraktion stellte sie die Frage, „wie sie sich wohl 1969 geäußert hätte, als der damals 39 Jahre alte Helmut Kohl Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz wurde“.

Gansäuer hat am Sonnabend abend vor den Gästen eines CDU-Balls in Burgdorf bei Hannover bekannt gegeben, nun doch bei der Landtagswahl in zwei Jahren antreten zu wollen. Die CDU-Fraktion hatte vorher den bisher landespolitisch kaum in Erscheinung getretenen Wulff mehrheitlich abgelehnt. Die Entscheidung soll auf einem Landesparteitag im Januar fallen.

Sowohl die Regierungsparteien SPD und Grüne als auch die FDP als früherer Partner der Christdemokraten in Niedersachsen werteten eine Nominierung von Wulff als Zeichen, daß die CDU über die 1994er Wahl hinausdenkt. K.W.