■ Das Portrait: Renate Schmidt
Foto: Vario Press
Ob im Dirndl oder im kleinen pelzbesetzten Schwarzen, ob im Bierzelt oder bei Podiumsdiskussionen, die bayerische SPD-Landesvorsitzende Renate Schmidt kommt gut an. „Volksnah“, „schlagfertig“, „mutig“ und „selbstbewußt“ lauten die Kommentare über die 48jährige Nürnbergerin, die 1994 gerne Ministerpräsidentin im Freistaat werden möchte. Nach den demütigenden Niederlagen der weiß-blauen SPD mit zuletzt nur mehr 26,0 Prozent der Stimmen kürten die GenossInnen die dreifache Mutter und zweifache Oma letztes Jahr im April als erste Frau zur Landesvorsitzenden. Renate Schmidt wurde seither nicht müde, ihren gebeutelten Parteifreunden die Vision vom Machtwechsel in Bayern näherzubringen. Rot-grün- gelb müsse das Bündnis werden, um überhaupt eine realistische Chance zu besitzen, die CSU zu stürzen. Da kommt es ihr sehr gelegen, wenn Bayerns Ministerpräsident Max Streibl sie als „Mäuschen“ oder „Krampfhenne“ bezeichnet und ihr damit die Gelegenheit gibt, die Frauen in der CSU gegen den bayerischen Landesfürsten aufzustacheln.
Gegen die Diskriminierung von Frauen zu kämpfen, ist eines ihrer zentralen Anliegen. Schon ihre Biographie zeigt das. Kurz vor dem Abitur ging Renate Schmidt von der Schule, sie erwartete ein Kind. Sie qualifizierte sich beim Großversandhaus Quelle zur hochdotierten Systemanalytikerin. Die Powerfrau im typischen Männerberuf wurde 1973 zur freigestellten Betriebsrätin gewählt und machte ohne den SPD-typischen Stallgeruch eine steile Parteikarriere. 1980 zog Renate Schmidt, für die die „sozialistische Utopie keineswegs gestorben“ ist, in den Bundestag ein. 1987 wurde sie stellvertretende Fraktionsvorsitzende und später Bundestags-Vizepräsidentin.
In der verkrusteten bayerischen SPD setzte sie eine Organisationsreform durch. Ihr Eintreten für die vom SPD- Bundesvorstand in Petersberg beschlossene Änderung des Grundrechts auf Asyl wurde in ihrem Landesverband jedoch als „Einknicken“ bezeichnet. In der Tat hat Renate Schmidt in dieser Frage eine Kehrtwendung vollzogen. Das Votum des Landesparteitags in der Sache aber mit ihrer Person zu verknüpfen, diesen Gefallen tat sie insbesondere den Medien nicht. Auch nach einer eventuellen Niederlage auf dem SPD- Bundesparteitag will sie nur „neu nachdenken“. Schließlich will sie die Macht in Bayern. Bernd Siegler
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