SPD Bayern für Artikel 16

■ Niederlage für Renate Schmidt und Engholm

Augsburg (taz) – Als vierter Landesverband hat sich die bayerische SPD geweigert, die Petersberger Beschlüsse des Parteivorstands für eine Änderung des Asylartikels im Grundgesetz zu unterstützen. Mehr als 60 Prozent der knapp 300 Delegierten beschlossen am Samstag auf einem außerordentlichen Landesparteitag in Augsburg, am uneingeschränkten Asylrecht für politisch Verfolgte festzuhalten und jegliche Veränderung des Artikels 16 sowie der Rechtswegegarantie abzulehnen. Sie widersetzten sich damit ihrer Landesvorsitzenden Renate Schmidt, die sich zur Linie des Bundesvorstandes unter Björn Engholm bekannt hatte.

Vergeblich bemühte die SPD-Spitzenkandidatin für die Landtagswahlen 1994 in Bayern und Bundestagsvizepräsidentin in einer hitzig und lautstark geführten Debatte das „Gespenst des Rechtsterrorismus“, das in Deutschland umgehe. Nur mit der Bereitschaft für eine Grundgesetzänderung könne die SPD die „politische Handlungskompetenz“ erhalten und dem „rechten Mob“ etwas entgegensetzen. Sie plädierte für ein „Gesamtpaket“ aus einer Grundgesetzänderung, einem Zuwanderungsgesetz, der Herausnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem Asylverfahren sowie dem uneingeschränkten Individualrecht auf Asyl für politisch Verfolgte. Sie ging auch auf Distanz zu den in Petersberg beschlossenen Listen mit Ländern, in denen angeblich nicht verfolgt wird.

Trotz ihrer Niederlage schloß die bayerische SPD-Landeschefin persönliche Konsequenzen aus. Sie hatte mit einem noch schlechteren Ergebnis gerechnet und sieht für den Bundesparteitag im November eine „gute Ausgangsposition“ für die Durchsetzung der Petersberger Beschlüsse. Bernd Siegler

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