Sanssouci
: Vorschlag

■ Blumfeld, Cpt. Kirk &. und die Freunde der Italienischen Oper

Blumfeld wurde begeistert, geradezu euphorisch für ihr Album „Ich-Maschine“ gefeiert. Vor allem der Gebrauch der Sprache gefiel allen über die Maßen. Endlich mal Texte, denen man mehr als eine einmalige Lektüre zubilligen konnte und die trotzdem nicht zu Gähnen oder Peinlichberührtsein verleiteten. Alltagsprobleme so ausgedrückt, daß der tagtägliche Wahnsinn zum Vorschein kam, manchmal aber auch ganz schlicht wie ein Tagebuch von geradezu entwaffnender Aufrichtigkeit. Wenn wahre Kunst etwas mit Wahrhaftigkeit zu tun haben sollte, ist „Ich-Maschine“ mehr als schöner Pop, ohne dabei überhaupt ein bißchen artifiziell zu sein. Musikalisch sind Blumfeld schlicht, die Gitarren schwelgen jenseits von Kitsch, die Rhythmen sind einfach, die Melodien naheliegend: Und auch das macht wahren Pop aus, so primitiv zu sein, wie es nötig ist.

Ähnliches gilt für Cpt. Kirk &., auch wenn die Texte von Tobias Levin trotz aller aktuellen politischen Bezüge manchmal die Grenze zum allzu bewußt Lyrischen überschreiten und hin und wieder Unverständnis zurücklassen. Begonnen hatten Cpt. Kirk&. in den letzten Zuckungen der Neuen deutschen Welle. Damals malträtierte Levin seine Gitarre noch ganz in guter alter Wave-Tradition laut und atonal und verquickte das Deutsche mit dem Englischen, brach beide Sprachen auf und schuf eine dritte, zeitgemäßere. Danach wurde das Leben zur Kunst, griff das Schicksal in die Bandhistorie ein. Levin litt an einer Nervenerkrankung im linken Arm, wurde zur Untätigkeit gezwungen und mußte schließlich seinen Gitarrenstil umstellen, was logischerweise einen musikalischen Wechsel nach sich zog. Inzwischen ist Deutsch die einzige Sprache; immer noch klingt Levins Stimme vor allem angestrengt, und musikalisch ist das Trio sehr ruhig geworden. Ausnahmen, sprich lärmende Ausbrüche, bestätigen hier die Regel. Ansonsten fließen Text und Musik oft schwelgerisch, immer sehr behutsam, sehr schön, aber bei weitem nicht so poporientiert, mit mehr Kanten und Wirrungen als bei den Freunden von Blumfeld.

Beide Bands gehören zur Elite der in den letzten Jahren vor allem in Hamburg neu entstandenen deutschen Musik, die versucht, politisch relevanten und aussagefähigen Pop zu machen. Daran arbeiten auch Die Freunde der Italienischen Oper aus Dresden. Doch vor allem ihre Auftritte sind äußerst ambivalent. Exakt gestylt mit Kurzhaarschnitten, scharf geschnittenen Anzügen und Ledermänteln, wurden sie durchaus schon in die Nähe von Laibach gerückt, deren Spiel mit faschistoiden Symbolen sie angeblich kopieren. Hin und wieder verirrte sich denn auch eine Abordnung Neonazis zu ihnen. Auf der Bühne zeigen sie zu ihrem Stakkato-Punkrock meist unappetitliche Filme, die mal schocken, mal irgendwas erklären sollen. Doch das zu beurteilen bleibt jedem selbst überlassen. Thomas Winkler

Heute um 20.30 Uhr im Loft, Nollendorfplatz, Schöneberg